An Sachsen-Anhalts Schulen müssen Lehrkräfte seit zwei Jahren eine Stunde pro Woche mehr arbeiten. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun über die Rechtmäßigkeit der Verordnung entschieden.
Die Regelung, nach der Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt eine Stunde länger pro Woche vor der Klasse stehen müssen und dafür einen Ausgleich erhalten, ist rechtswidrig. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Die Vorgriffsstundenregelung sei von der Ermächtigungsgrundlage im Landesbeamtengesetz nicht gedeckt und daher unwirksam, hieß es zur Begründung. Die Entscheidung ist rechtskräftig, es gibt keine Rechtsmittel mehr.
Eine verbeamtete Lehrerin und ein angestellter Lehrer hatten sich gegen eine entsprechende Verpflichtung für Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt gewandt und waren in zwei Instanzen zuvor gescheitert. Die Regelung sieht die zusätzliche Stunde pro Woche unabhängig von einer Teilzeitbeschäftigung vor. Sie muss später durch Freizeit oder zeitnah auf Antrag durch eine Ausgleichszahlung ausgeglichen werden. Sachsen-Anhalt will damit gegen den Lehrermangel steuern und die Unterrichtsausfall-Stunden verringern.
Finanzielle Abgeltung geht über Ermächtigung hinaus
„Zwar handelt sich bei einer Vorgriffsstunde nur um eine Verlagerung der Arbeitszeit, nicht um ihre Erhöhung oder um Mehrarbeit“, so das Gericht. „Ihre Einführung muss dementsprechend nicht durch Parlamentsgesetz erfolgen.“ Allerdings fehle es an einer aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlichen und hinreichend bestimmten Verordnungsermächtigung.
Der entsprechende Paragraf des Landesbeamtengesetzes ermächtige zwar die Landesregierung, Näheres über die Arbeitszeit der Beamten und insbesondere die Verteilung der Arbeitszeit zu regeln. Die Verordnung gehe aber insbesondere mit der eingeräumten Möglichkeit einer finanziellen Abgeltung der geleisteten Vorgriffsstunden über diese Ermächtigung hinaus und sei deshalb unwirksam.
Auch krankheitsbedingt ausgefallenen Dienst berücksichtigen
Die Leipziger Richter erachten es auch als rechtswidrig, dass nur ein Ausgleich tatsächlich erteilter Vorgriffsstunden vorgesehen ist. „Da die Vorgriffsstunde „echte“ Dienstzeit ist, muss auch krankheitsbedingt ausgefallener Dienst berücksichtigt und dem Ausgleichskonto gutgeschrieben oder ausgezahlt werden“, hieß es.
In der nun gekippten Verordnung sollten sich Lehrerinnen und Lehrer die zusätzlichen Stunden vergüten lassen oder sie auf einem Arbeitszeitkonto ansparen, um sie ab dem Schuljahr 2033/34 abzubauen. Für Grundschullehrkräfte bedeutet die Neuregelung 28 statt bislang 27 Unterrichtsstunden, für Sekundarschul- und Gymnasiallehrkräfte 26 statt 25 Unterrichtsstunden pro Woche. Von der Regelung sind Lehrkräfte ab 62 Jahren und befristet angestellte Lehrkräfte ausgenommen.