Nur nicht streiten wie die Ampel: Das hatten sich Union und SPD eigentlich vorgenommen. Nach viel Zoff vor dem Sommer soll die Koalition besser ins Laufen kommen – auch im wichtigen Parlamentsalltag.
Es sind Anfänge einer kleinen schwarz-roten Tradition, an die Alexander Hoffmann anknüpft. Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag ist Gastgeber der ersten Klausur der Fraktionsspitzen von Union und SPD in der neuen gemeinsamen Regierung. Sie beginnt am Donnerstag in Würzburg, gleich nahe seinem Wahlkreis. Schon 2018, nach dem Start der Vorgänger-„GroKo“, hatte Alexander Dobrindt als CSU-Landesgruppenchef zu einer solchen Tagung auf die 2.962 Meter hohe Zugspitze geladen, wo er seinen Wahlkreis hat.
Auf Deutschlands höchstem Berg war schnell vom „Geist der Zugspitze“ die Rede, den Unionsvormann Volker Kauder (CDU) beschwor, um die damalige Koalition in die Spur zu bringen. Nach dem Platzen der schwarz-gelb-grünen Jamaika-Option musste sie noch einmal zusammenfinden. Jetzt führt es Hoffmann, Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) und dessen SPD-Kollegen Matthias Miersch nicht so steil hinauf. Aber auch in Würzburg auf 177 Metern Höhe geht es darum, nach einem holprigen Start zu mehr Teamgeist zu finden.
Nach einigen Pannen und Reibereien in den ersten Regierungswochen kam Schwarz-Rot die Sommerpause sehr gelegen. Denn häufigen Streit wie einst zu Ampel-Zeiten wollten doch alle vermeiden – und geloben nun Besserung. In einer Regierung müssten am Ende Menschen miteinander können, analysierte Spahn vorab im Deutschlandfunk. Bei den Problemen in der Koalition gehe es in der Regel um Fragen von Kommunikation und Organisation. „Das kann man aber ändern.“ Dafür müsse man die Dinge miteinander frühzeitig besprechen.
Schwarz-rotes Vertrauen
Erklärtes Ziel ist auch, gegenseitig Vertrauen zu entwickeln. Denn schon die Wahl von Friedrich Merz (CDU) zum Kanzler im Bundestag klappte erst im zweiten Anlauf. Dann scheiterte eine Verfassungsrichterwahl, weil Spahn die Zustimmung der Union zur SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf nicht mehr garantieren konnte. Miersch machte an die Adresse von CDU und CSU direkt klar, dass Zusagen Bestand haben müssen. Eine Bewährungsprobe wird sein, ob nach Brosius-Gersdorfs Verzicht ein nächster Versuch im Herbst gelingt.
Schwarze Abstimmung
Offensichtliche Ruckeleien gab es auch innerhalb des Unionslagers bei der Abstimmung zwischen Kanzler, Fraktion und Partei. Gegen die gemeinsame Vereinbarung in der Koalition, die Stromsteuer nur begrenzt und nicht für alle zu senken, hagelte es Proteste aus der Union und von CDU-Ministerpräsidenten. Und als Merz wegen der Eskalation im Gaza-Krieg einen Teilstopp für Rüstungsexporte an Israel verkündete, erntete er viel Entrüstung aus der CDU. Aus der CSU kamen dazu noch Beschwerden über mangelnde Einbindung.
Der schwierige „Herbst der Reformen“
Inhaltlich wollen die Fraktionen den Plan für das zweite Halbjahr abstecken, in dem mehrere Projekte durchkommen sollen. Neben dem Ringen um die Etats 2025 und 2026 soll es an schwierige Sozialreformen gehen. „Nach den ersten 100 mitunter ruckeligen Tagen gilt es nun, die zentralen Weichen für einen erfolgreichen Herbst zu stellen“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Dirk Wiese den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Über Steuererhöhungen für Reiche, die die SPD ins Spiel brachte, gibt es aber schon Streit. Thema ist auch die Sicherheitspolitik. Dazu wird Nato-Generalsekretär Mark Rutte erwartet.