Angststörungen, Depressionen und Magersucht – die Corona-Pandemie wirkt bis heute bei Kindern und Jugendlichen nach. Experten sehen dringenden Handlungsbedarf. Viel Leid könne verhindert werden.
Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen müssen aus Expertensicht früher fachliche Hilfe bekommen – und das Gesundheitssystem müsse viel stärker mit der digitalen Welt verschränkt werden. „Wir erreichen Jugendliche nicht da, wo sie Hilfe suchen“, schilderte der Präsident der Europäischen Gesellschaft für Kinder und Jugendpsychiatrie, Jörg Fegert. Dabei gebe es – unter Fachleuten unumstritten – vor allem infolge der Corona-Pandemie eine massive Krise bei der psychischen Gesundheit des Nachwuchses.
Doch bislang zahlten die Krankenkassen in der Regel nur für Prävention – oder dann, wenn die Betroffenen eine diagnostizierte Störung hätten, erläuterte Fegert in München. Die Folge: Viele Betroffene mit zunächst leichteren Symptomen blieben unversorgt, bis sie wirklich ernsthaft erkrankt seien. Fegert forderte deshalb eine Änderung des Rechtsrahmens, damit Psychiater und Psychologen schon dann eingreifen können, wenn jemand bei sich selbst ein Problem sieht.
Außerdem würden sich junge Menschen in seelischer Not heutzutage nicht an ihren Hausarzt wenden, sondern im Netz nach Informationen und Hilfsangeboten suchen. Dort aber stießen sie nicht auf die qualitätsgesicherten Angebote des klassischen Gesundheitssystems, sagte Fegert. Der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie an der Uniklinik Ulm bilanzierte: „Wir brauchen Schnittstellen in diese Welt hinein, und die müssen von den Krankenkassen auch legal möglich sein. Und es muss Möglichkeiten geben, wie ich von der einen Welt in die andere gelenkt werden kann.“