morgen|stern: Die neue deutsch-britische Bromance. Die Lage am Morgen

Deutsch-britische Freundschaft, von der Leyens Billionen-Problem, die Brosius-Gersdorf-Offensive und gute Nachrichten bei Treibhausgasen. Das ist heute wichtig.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Deutschland und Großbritannien standen einst als Feinde in den Schützengräben – erst im Ersten, dann im Zweiten Weltkrieg. Gut 80 Jahre nach Kriegsende in Europa wollen Bundeskanzler Friedrich Merz und der britische Premier Keir Starmer am Donnerstag einen Freundschaftsvertrag schließen. Der Grund dafür ist, ausgerechnet: Krieg.

Merz und Starmer: neue beste Freunde

Der deutsch-britische Freundschaftsvertrag, „der erste seiner Art“, soll die Bande zwischen beiden Ländern enger knüpfen als je zuvor, erklärte Starmer. Der Vertrag ist zwar kein völliger Neuanfang, aber ein Neustart für die deutsch-britischen Beziehungen nach dem Brexit 2020. Und ein Symbol für eine besonders enge Verbundenheit. Denn Deutschland pflegt nicht viele solcher Freundschaftsverträge. Frankreich kann sich etwa zu den Glücklichen zählen.

Besonders die Verteidigung steht bei dem neuen Freundschaftsvertrag im Fokus – neben Migration und Handel. Die beiden Länder unterstreichen unter anderem die durch ihre Nato-Mitgliedschaft ohnehin bestehende Beistandspflicht im Angriffsfall und wollen die Kooperation im Rüstungsbereich intensivieren.

Der Zeitpunkt könnte für beide Staaten nicht passender sein. Denn seit Donald Trump wieder in das Weiße Haus eingezogen ist, wackelt das transatlantische Sicherheitsfundament. Angesichts des Krieges in der Ukraine und der Bedrohung durch Russland bietet eine enge Partnerschaft zwischen Berlin und London – Großbritannien ist schließlich Atommacht – beiden Seiten wertvolle Sicherheit.

Trotz ihrer unterschiedlichen politischen Herkunft – Starmer führt die sozialdemokratische Labour-Partei, Merz die konservative CDU – verfolgen beide ein gemeinsames Ziel: eine starke Rolle in Europas Sicherheitspolitik und entschlossene Unterstützung der Ukraine. Mit Paris (auch Atommacht) an der Seite der beiden entsteht eine neue starke Dreiecksbeziehung in Europa, die mit Moskau und Washington durchaus auf Augenhöhe begegnen kann.

Eine Frage bleibt aber: Kann die Freundschaft zwischen Deutschen und Briten nicht nur Europa stabilisieren und einen, sondern die internationale Zusammenarbeit weltweit stärken?

Von der Leyen und das Billionen-Problem

Wie auch Deutschland – und jedes andere Land der Welt – hat auch die Europäische Union einen Haushalt. Die EU-Kommission unter der Leitung von Präsidentin Ursula von der Leyen hat nun den neuen langfristigen Etat für die Jahre 2028 bis 2034 präsentiert. Doch der schmeckt den Mitgliedsländern ganz und gar nicht. Auch Berlin nicht.

Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte, die Bundesregierung könne den Vorschlag der Kommission nicht akzeptieren. Auch eine von der Behörde vorgesehene zusätzliche Belastung für Unternehmen stößt in Berlin nicht auf Begeisterung.

Um mehr in Sicherheit und Verteidigung zu investieren, plant die EU-Kommission, den Etat für die Jahre auf rund zwei Billionen Euro aufstocken – 700 Milliarden Euro mehr als in der aktuellen siebenjährige Budgetperiode. Eine Mammutsumme, mit der die EU nicht nur die Wirtschaft im Wettlauf mit den USA und China ankurbeln, sondern auch Kredite aus der Corona-Pandemie tilgen will.

Kornelius betonte, ein deutlicher Anstieg des EU-Etats sei in Zeiten, in denen die Mitgliedsländer mit erheblichen Anstrengungen ihre Haushalte stabilisieren müssen, nicht vertretbar. Als wirtschaftliches Powerhouse steuert Deutschland in der Regel knapp ein Viertel der Mittel bei. Bei rund zwei Billionen Euro entspricht das in etwa 500 Milliarden Euro.

Auch die Landwirtschaft ist misstrauisch. Zwar versprach von der Leyen 300 Milliarden Euro zur Unterstützung der Landwirte, doch das würde weniger Geld für die Bauern bedeuten als bisher. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) sprach angesichts der Vorschläge von einer „gefährlichen Zäsur“. Die Bundesregierung werde die Pläne aus Brüssel gründlich prüfen.

Nun müssen alle EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament über den Etat beraten. Die Verhandlungen dürften alles andere als ein Honigschlecken werden. Denn der Entwurf für den Gemeinschaftshaushalt bedeutet höhere Ausgaben für die EU-Länder. Und wenn schon ein europäisches Schwergewicht wie Deutschland unzufrieden ist, sollte sich Frau von der Leyen warm anziehen.

Erledigt sich Frau Brosius-Gersdorf gerade selbst?

Die Debatte um die Verfassungsrichterkandidatin Brosius-Gersdorf ebbt nicht ab. In den vergangenen Tagen ging die Rechtswissenschaftlerin in die Offensive, denn – das muss man dazu sagen – so heftig wurde eine Nominierte für das Amt an Deutschlands höchstem Gericht wohl kaum angegangen. Doch ihr Ruf und ihre Kandidatur sind weiter angeknackst. Kann Frauke Brosius-Gersdorf das noch retten? Oder disqualifiziert sie sich mit ihrer Verteidigungsstrategie endgültig? Darüber streiten die beiden stern-Politikchefs Veit Medick und Jan Rosenkranz in unserem Podcast „5-Minuten-Talk“:

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Mal was Positives

Emissionshandel soll Klimaschutz effizient machen. Daten zeigen nun, dass sich seit der Einführung in Europa vor 20 Jahren einiges positiv verändert hat: Laut Umweltbundesamt (UBA) sank der Treibhausgasausstoß der beteiligten Anlagen um rund die Hälfte. Europaweit reduzierten sich die Emissionen nach Angaben der Deutschen Emissionshandelsstelle im UBA um 51 Prozent, in Deutschland um etwa 47 Prozent.

Am europäischen System nehmen neben Deutschland und den anderen 27 EU-Staaten auch Norwegen, Island und Liechtenstein teil. Rund 9000 Anlagen der Energiewirtschaft und energieintensiven Industrie sind laut Umweltbundesamt beteiligt. Sie verursachen demnach rund 40 Prozent des Ausstoßes an Treibhausgasen in Europa. Beim Emissionshandel müssen Unternehmen Rechte zum Ausstoß von Treibhausgasen nachweisen und können untereinander damit handeln. Die Zahl der verfügbaren Zertifikate sinkt im Laufe der Zeit.

Auch der Ausstoß im Vergleich zum Vorjahr ist in Deutschland gesunken: Die vom EU-Emissionshandel erfassten 1716 Anlagen im Land stießen im vergangenen Jahr rund 273 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente aus. Zur besseren Vergleichbarkeit werden andere Treibhausgase in CO2 umgerechnet. Das entspricht einer Minderung um 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Wie hat er Ihnen dieser morgen|stern gefallen? Schreiben Sie es mir gerne: [email protected]

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Donnerstag! Herzlich, Ihr
Rune Weichert
 

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