Grundsätzlich können Arbeitnehmer Krankheitskosten in der Steuererklärung angeben. Doch die Regeln sind kompliziert. Diese Tabelle verrät, ob Sie profitieren könnten.
Der Staat wünscht sich gesunde Steuerzahler. Ja, wirklich. Denn das Einkommen fitter Arbeitnehmer bieten dem Fiskus auch künftig Aussicht auf Steuereinnahmen daraus. Wer Geld ausgeben muss, um Krankheiten behandeln zu lassen, kann daher im Steuerjargon „außergewöhnlich belastet“ sein. Aber wann ist man das? Und womit genau?
Erste Voraussetzung: Die Kosten für Gesundung wurden von der Krankenkasse oder einer privaten Versicherung nur teilweise oder gar nicht übernommen. Zweitens: Die Maßnahmen wurden von Ärzten oder Heilpraktikern verordnet: per Rezept oder Attest. Mündliche Empfehlungen wie etwa „Machen Sie mehr Sport“ oder „Ernähren Sie sich gesünder“ genügen nicht, um Ausgaben für Fitnessstudio oder Diätprodukte bei der Steuer abzusetzen. Auch die Kosten für rezeptfreie Schmerzmittel aus der Apotheke, etwa gegen Migräne, die Kassen oder Versicherer nicht erstatten, erkennt das Finanzamt allenfalls mit der entsprechenden ärztlichen Verordnung beziehungsweise einem Attest an.
Grundsätzlich können folgende ärztlich verordnete oder attestierte Genesungsaufwendungen steuerlich geltend gemacht werden:
Ärztliche BehandlungenHeilbäder, KrankengymnastikRechnungen von Heilpraktikern oder HomöopathenMedikamente und Zuzahlungen in der ApothekeMedizinische HilfsmittelKrankenhausaufenthalteFahrtkosten zum Arzt, Krankenhaus, Krankengymnastik etc.
Für Arbeitnehmer kann es sich also durchaus lohnen, Rezepte, Atteste, Rechnungen und Quittungen für solche Aufwendungen, die sie innerhalb eines Jahres selbst bezahlt haben, zu sammeln. Die Maßnahmen müssen der Heilung einer Erkrankung dienen, sie erträglicher machen oder deren Folgen lindern.
Steuererklärung: Fallbeispiel Fitnessstudio
Unter Voraussetzungen können also – im Einzelfall – auch Kosten für ein Trainings- oder Fitnessstudio steuerlich geltend gemacht werden: Die Übungen müssen ärztlich verordnet, also medizinisch notwendig sein, und sie müssen von Fachpersonal, etwa Physiotherapeuten, angeleitet und überwacht werden. Und: Die Übungen müssen per Rechnung gesondert ausgewiesen sein. Der Nachweis des Monatsbeitrags für ein Studio genügt nicht. Der Mitgliedsbeitrag in einem Reha-Verein, der seine Kurse in einem Fitnessstudio abhält, hat hingegen Chancen auf steuerliche Anerkennung – wenn die Mitgliedschaft ärztlich verordnet ist.
In der Steuerpraxis zeigt sich: Die Finanzämter prüfen mittlerweile sehr genau die medizinische Notwendigkeit und auch die Maßnahmen. Wenig Chancen auf Anrechenbarkeit haben zum Beispiel Kosten für alternative Behandlungsmethoden, die wissenschaftlich (noch) nicht anerkannt sind. Ein Massagegerät lässt sich ebenfalls nicht absetzen, da es ein Heilmittel ist, das auch von Gesunden genutzt werden kann. Und auch Aufenthalte in Sanatorien oder Klimatherapie am Toten Meer haben in der Regel keine Chance auf steuerliche Anerkennung. In solchen und ähnlichen Fällen wird das Finanzamt Gutachten des Amtsarztes oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) einfordern.
Damit nicht genug: Der Wunsch nach gesunden Steuerzahlern hat Grenzen. Der Gesetzgeber hat Einkommenslimits für außergewöhnliche Belastungen festgelegt. Anders gesagt: Krankheitskosten sind bis zu einer gewissen Höhe zumutbar, also steuerlich nicht wirksam.
Wer also als kinderloser Single mehr als 51.130 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen hat, muss außergewöhnliche Belastungen, darunter Krankheitskosten, in Höhe von bis zu sieben Prozent davon, also mindestens rund 3.580 Euro, selbst tragen. Diese sogenannten zumutbaren Belastungen sind für Steuerzahler mit Kindern geringer. Bevor man also den Aufwand rund um Belege und Nachweise betreibt, lohnt sich die individuelle Prozentrechnung: Kommen im Jahr höhere Kosten für außergewöhnliche Belastungen zusammen als die gesetzlich zumutbaren? Das können neben Krankheitskosten auch Pflege- und Kurkosten, behinderungsbedingte Kosten, Bestattungskosten und unter Umständen auch die nicht versicherungsgedeckten Wiederbeschaffungskosten für Hausrat sein – etwa nach einem Wohnungsbrand.
Es zeigt sich: Das deutsche Einkommensteuerrecht trägt stellenweise sozialstaatliche Züge. Für Arbeitnehmerhaushalte, die es in einem Jahr besonders hart trifft, kann in Summe die Grenze der zumutbaren Belastungen durchaus überschritten sein – und damit ein finanzieller Ausgleich der Härte möglich. Das gilt vor allem für Menschen mit mittleren und niedrigeren Einkommen. Doch es zeigt sich auch: Ohne Steuerberatung oder die Unterstützung durch die Lohnsteuerhilfevereine ist in solchen Fällen eine ordentliche Steuererklärung kaum zu machen.