SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf hat eine umfassende Aufklärung der Corona-Maskenbeschaffung gefordert – die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses schloss er dabei nicht aus. „Wir müssen restlos und zügig aufklären, was während der Coronapandemie im Gesundheitsministerium geschehen ist“, sagte Klüssendorf dem „Focus“ laut Angaben vom Mittwoch. Der wegen der Maskenbeschaffung in der Kritik stehende Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn bekam unterdessen Rückendeckung von Kanzler Friedrich Merz (beide CDU).
„Für unsere Demokratie ist es extrem wichtig, dass wir vollkommene Transparenz herstellen“, sagte Klüssendorf dem „Focus“. Auf die Frage, ob ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss nötig sei, sagte der SPD-Generalsekretär: „Ich schließe das nicht aus.“ In einer „solch wichtigen Frage, in der es um viel Steuergeld, und damit auch um viel Vertrauen in unsere Institutionen, geht“, müsse die Aufklärung „zwingend über den Interessen des Koalitionsvertrages“ mit der Union stehen.
Die vom früheren Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach eingesetzte Sonderbeauftragte Margaretha Sudhof (beide SPD) hat in einem Bericht die Maskenbeschaffung während der Pandemie untersucht. Sie macht darin dem heutigen Unionsfraktionschef Spahn schwere Vorwürfe. Demnach soll dieser als Gesundheitsminister durch eine Abnahmegarantie für Schutzmasken zu hohen Preisen einen Milliardenschaden für die Steuerzahler verursacht haben.
Lauterbachs Amtsnachfolgerin Nina Warken (CDU) wollte den Bericht zunächst nicht veröffentlichen, er gelangte aber trotzdem an die Öffentlichkeit – zuerst geschwärzt, dann auch ohne Schwärzungen.
Kanzler Merz kritisierte, dass Sudhof Spahn bei der Erstellung ihres Berichts nicht angehört habe. Dieses Vorgehen „verletzt nach meinem Rechtsempfinden fundamentale Rechte in einem rechtsstaatlichen Verfahren, wo auch der Betroffene das Recht haben sollte, gehört zu werden“, sagte er im Bundestag. Er habe auch „keine Zweifel“ an den Aussagen Spahns.
Spahn stritt in der Bundestags-Generaldebatte die Vorwürfe erneut ab. „Ja, wir haben zu viel beschafft. Und ja, das war teuer, richtig teuer“, sagte er. Doch niemand habe damals sagen können, wie viele Masken nötig seien und wann oder ob sie überhaupt geliefert werden könnten.
Die Pandemie im Frühjahr 2020 sei „die größte Gefahr für Leben und Gesundheit der Bevölkerung in der Geschichte der Bundesrepublik“ gewesen, betonte der CDU-Politiker. Die damalige Regierung sei sich einig gewesen, alles zu tun, um den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.
Aus der Opposition kamen erneut Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss. AfD-Chef Tino Chrupalla appellierte an Spahn: „Machen Sie den Weg frei für einen Untersuchungsausschuss.“ Dort könne alles offengelegt werden. Andernfalls forderte er Spahn zum Rücktritt auf. Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek warf Spahn „Steuerbetrug“ vor.
Bezieher von Corona-Hilfen müssten diese nun „centgenau“ zurückzahlen, sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch im Bundestag. Spahn habe dagegen „per SMS Millionendeals“ für Maskenbeschaffungen gemacht und stelle sich nun gegen einen möglichen Untersuchungsausschuss. Er müsse aber für Aufklärung sorgen.