Er galt als Brückenbauer und warb bis ins hohe Alter mit seinen besonderen Ausdrucksformen für mehr Mitmenschlichkeit. Im Schweriner Dom wurde Abschied von Objektkünstler Günther Uecker genommen.
Im Schweriner Dom, einer seiner letzten Wirkungsstätten, haben am Samstag mehr als 200 Menschen Abschied von dem Objektkünstler Günther Uecker genommen. Der vor allem für seine Nagelreliefs und -installationen weltweit bekanntgewordene Künstler war am 10. Juni im hohen Alter von 95 Jahren in seiner Wahlheimat Düsseldorf gestorben.
Mit dem Trauergottesdienst in Schwerin wurde die bis zuletzt enge Bindung des gebürtigen Mecklenburgers zum Land seiner Kindheit und Jugend gewürdigt. Am 13. März 1930 in Wendorf östlich von Schwerin geboren, verbrachte Uecker dann viele Jahre auf der Ostsee-Halbinsel Wustrow, zu der es ihn immer wieder zurückzog.
Auch in Rerik, einem Ostseebad am Eingang zur Halbinsel, läuteten anlässlich der Trauerfeier die Glocken. Mit einer Großspende aus der Versteigerung eines seiner Nagelbilder hatte Uecker dazu beigetragen, dass 2013 das Geläut wieder vervollständigt werden konnte. Die Beisetzung der Urne sollte im engsten Familienkreis an einem nicht genanntem Ort stattfinden.
Wegbereiter der ZERO-Kunst
Uecker war 1955 nach Düsseldorf gegangen, um dort, unbeeinflusst von politischen Dogmen und inspiriert von neuen Entwicklungen der abstrakten Kunst, sein in der DDR begonnenes Kunststudium fortzusetzen. Mit seinem Schaffen wurde Uecker zu einem Wegbereiter der heute hoch gehandelten ZERO-Kunst und zu einem der bedeutendsten deutschen Nachkriegskünstler mit Weltgeltung.
Er galt als konsequenter Verfechter des Dialogs und des friedlichen Miteinanders und verstand sich als Brückenbauer. Seine 2016 auch in Rostock gezeigte Ausstellung „Der geschundene Mensch“ thematisierte die Verletzung des Menschen durch den Menschen. Ueckers Arbeiten wurden und werden in rund 60 Ländern ausgestellt. Im Mai war Uecker, bereits erheblich geschwächt, noch nach Tadschikistan zu einer Vernissage gereist.
Schwesig: Mit einem Nagel die Welt bewegt
Nach dem Mauerfall kehrte Uecker regelmäßig zum Arbeiten nach Mecklenburg zurück. Für den Schweriner Dom gestaltete er vier große, in Blautönen gehaltene Glasfenster, die Ende 2024 in seinem Beisein feierlich eingeweiht wurden. Für ihn ein emotional sehr bewegender Moment, wie er im Interview mit der „Rheinischen Post“ bekannte: „Meine Tränen flossen, meine Gefühle übermannten mich bei der Einweihung der Fenster.“ Das Fenster-Ensemble bezeichnete der Künstler als „Lichtbogen“.
An dem Trauergottesdienst nahmen neben den Familienangehörigen unter anderem auch Alt-Bundespräsident Joachim Gauck und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig teil. „Günther Uecker war ein Mensch, der die Kraft hatte, mit einem Nagel die Welt zu bewegen“, würdigte die SPD-Politikerin das künstlerische Schaffen Ueckers.
Das Licht, das bleibt
Er habe sich eingemischt, sei eingetreten gegen Krieg, Unterdrückung und Vergessen und habe Räume geschaffen für Dialog und Hoffnung. „Günther Uecker ist Teil unseres kulturellen Gedächtnisses, Teil unserer Geschichte, Teil unserer Zukunft“, sagte Schwesig sichtlich berührt. Im Jahr 2023 hatte sie ihm den Verdienstorden des Landes überreicht, eine von vielen Ehrungen, die dem Künstler zuteilwurden.
Auch Schwesig ging auf die von Uecker gestalteten Fenster im Schweriner Dom ein. „Diese Fenster – geschaffen für einen Ort des Glaubens, der Einkehr, der Hoffnung – sind ein Vermächtnis. Sie verbinden Himmel und Erde, Licht und Schatten“, sagte sie. Die Fenster seien für das Land ein großes Geschenk und ein bleibendes Zeichen. „Wir danken Günther Uecker für sein Werk. Wir danken ihm für seine klare Haltung. Wir danken ihm für das Licht, das bleibt.“