Sommertheater: Shakespeare statt Passion: „Romeo und Julia“ in Oberammergau

Liebe, Fehde – Tod: Der Klassiker „Romeo und Julia“ soll die nächsten Wochen das berühmte Oberammergauer Passionstheater füllen: Regisseur Stückl holt erneut einen jahrhundertealten Stoff ins Heute.

Erst Jesus, dann Caesar – und nun die Liebenden Romeo und Julia: Auf der berühmten Passionsbühne in Oberammergau wird auch in diesem Sommer gestorben. Regisseur Christian Stückl hat in der Pause zwischen den Passionsspielen mit William Shakespeare einmal mehr einen Klassiker inszeniert. Das Liebespaar aus Verona wird von der Fehde zwischen den verfeindeten Familien zerrieben. Romeo gehört den Montagues an, Julia den Capulets. Ihre Liebe muss geheim bleiben – erst über dem Tod der beiden versöhnen sich die Familien.

Shakespeare im Lederjacken-Style

Die Gruppe junger Männer um Romeo kommt in Oberammergau in Lederjacken daher, ein Moped knattert über die Bühne: Halbstarke, die nicht mit schlüpfrigen Machosprüchen sparen. Launig, mit Witz, bisweilen derb und vom originalen Text erheblich entfernt setzt Stückl das jahrhundertealte Stück in Szene und holt es in die Neuzeit.

Die Männer aus dem verfeindeten Hause Capulet tragen schrille Anzüge. Die Frauen tragen quer- und längsgestreifte Gewänder und riesige lampenähnliche Hüte, wie sie jüngst im Fasching nach dem Oimara-Hit „Wackelkontakt“ angesagt waren (Bühne und Kostüme: Stefan Hageneier).

Musiklehrerin als Sopran-Diva 

Markus Zwink steuerte für 70 Chor- und 30 Orchestermitglieder teils selbst geschriebene Musik bei. Dazu gibt es im Solo die Stimme von Julias Mutter (Maria Buchwieser), die im echten Leben Musiklehrerin ist.

In Verona zieht es Touristen zu Julias Balkon, unter dem Romeo sie angehimmelt haben soll. Der Oberammergauer Romeo greift zur Leiter, um nach bayerischem Brauch zu „fensterln“: Er besucht seine Julia übers Dach am Fenster. Romeo (Yannick Schaap) ist im echten Leben Dachdecker – und war laut Stückl vor der Premiere „den ganzen Tag auf dem Dach“.

Talentsuche für das nächste große Spiel

Einmal mehr holt der Intendant des Münchner Volkstheaters aus den teils unerprobten Laiendarstellern des 5.000-Seelen Ortes Großartiges heraus. Etwa Julia (Eva Norz) hatte bisher keine größere Rolle. Ein paar erprobte Darsteller sind auch dabei. Frederik Mayet, der Jesus von 2010 und 2022, spielt Romeos Vater. Der zweite Jesus-Darsteller von 2022, Rochus Rückel, gibt Romeos Freund Mercutio. Der damalige Herodes, Benedikt Fischer, spielt Pater Lorenzo, der Romeo und Julia heimlich traut und hofft, den Streit der Familien so zu lösen.

Mit der Inszenierung sucht Stückl auch Nachwuchs-Darsteller für die Passion 2030, bei der nur Darsteller aus dem Ort mitwirken dürfen. Zuletzt hatten die Oberammergauer 2022 – wegen Corona zwei Jahre verspätet – ihrem jahrhundertealten Gelübde folgend das Spiel vom Leiden, Sterben und der Auferstehung Christi gezeigt.

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