Viel dreister wird es nicht mehr: In Bielefeld ist ein Häftling aus dem Gefängnis geflohen. Das besondere: Er filmte sich dabei selbst.
Dieser Artikel erschien zuerst bei RTL.de
Dieser Ausbruch ist wie ein Actionfilm – nur dass niemand „Cut!“ ruft!
Am Dienstagmorgen, dem 17. Juni, stürmt ein 39-jähriger Häftling aus der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne. Ahmet A., laut „Neue Westfälische“ (NW) ein gewaltbereiter Rocker, springt über zwei fast drei Meter hohe Zäune – mitten am Tag, mitten in Bielefeld. Und das Krasseste: Er filmt sich dabei selbst. Live auf Tiktok.
Live auf Tiktok – aber kein Fahndungsfoto erlaubt
Ahmet A. nutzt einen kurzen Moment während eines Transports, schubst laut Tagesschau einen Beamten in der Schleuse und klettert über ein Tor und zwei fast drei Meter hohe Zäune. Danach verschwindet er in Richtung A33. Die Polizei bestätigt den Ablauf in ihrer offiziellen Pressemitteilung vom 17. Juni.
Spektakulär und beispiellos: Während seiner Flucht streamt der Ausbrecher sich selbst live auf Tiktok. In den Videos, die unter anderem Radio Gütersloh beschreibt, zeigt er sich offen im Selfie-Modus und kündigt sogar an, bis in die Türkei fliehen zu wollen.
Und jetzt kommt’s: Obwohl sich der 39-Jährige selbst im Netz zeigt, darf die Polizei weiterhin kein Fahndungsfoto veröffentlichen. Ein Richter hat das laut mehreren Medien, darunter „Bild“ und NW, bisher nicht erlaubt. Das sorgt für Kopfschütteln – denn in mehreren Clips ist sein Gesicht deutlich zu erkennen.
Auch die Bewohner in Bielefeld reagieren mit Unverständnis. „Wenn so einer flieht, meine ich, könnte man sofort mit Fotos in der Öffentlichkeit suchen, und zwar von der ersten Stunde an“, sagt ein Passant im Interview mit RTL. „Dann wäre er jetzt nicht wo auch immer, sondern dann wäre er jetzt wieder im Knast.“
Von Bielefeld nach Essen – jetzt jagt ihn sein altes Revier
Die Polizei Bielefeld reagiert sofort. Eine Großfahndung läuft an – mit Streifenwagen, Hunden, Hubschrauber, Drohnen und Wärmebildkamera. Auch das SEK wird alarmiert. Inzwischen wurde der Fall an die Polizei Essen übergeben. Dort kennt man Ahmet A. bereits aus früheren Ermittlungen. „Mittlerweile haben wir als Polizei Essen die Lage übernommen, weil das ein Strafgefangener ist, der im Raum Essen beziehungsweise Mülheim aufhältig war“, sagt Hendrik Heyer, Pressesprecher der Polizei Essen, im Gespräch mit RTL. Die Ermittler dort hätten bereits in der Vergangenheit Fahndungsmaßnahmen gegen ihn geführt und seien mit seinen Hintergründen vertraut.
Heyer erklärt außerdem, warum bislang keine Öffentlichkeitsfahndung mit Bild erfolgt ist: „Genau solche Öffentlichkeitsfahndung benötigt eine gewisse Erfolgsvermutung, die von den Ermittlern beurteilt werden muss. Und da die Ermittler das jetzt nicht als adäquates Mittel aktuell sehen, wird auch auf so eine Öffentlichkeitsfahndung verzichtet.“
Auch eine Passantin kritisiert das Ausmaß der Flucht – und die Leichtigkeit, mit der sie ins Netz übertragen wurde. „Da ist jemand, der unheimlich viel Spaß daran hat, die Justiz ein bisschen hinters Licht zu führen“, sagt sie im RTL-Interview.
Gefängnis aufrüsten? Passanten fordern endlich Taten
Die Justiz zieht Konsequenzen. Laut NW soll nun geprüft werden, ob höhere Zäune, Nato-Draht oder zusätzliche Sicherungssysteme nötig sind. Besonders im Übergangsbereich zwischen den Gebäuden sehen Experten Schwachstellen. Auch die Frage, warum Ahmet A. weiter auf freiem Fuß ist, beschäftigt viele Menschen. „Mir ist es unbegreiflich, wie man den nicht fassen kann. Also ich verstehe es nicht“, so die Passantin weiter.
Der Fall schlägt bundesweit Wellen. Tiktok steht einmal mehr als Bühne für Kriminelle am Pranger – mitten in Deutschland, mitten im Livestream. Während Ahmet A. sich selbst zur Show macht, läuft bei der Polizei die Fahndung auf Hochtouren. Doch vom Ausbrecher fehlt noch immer jede Spur.
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