Koalitionsverhandlungen: Ost-Länder drängen auf Minister im Bundeskabinett

Ostdeutschland first: Die Ost-Regierungschefs konfrontieren die künftigen Koalitionspartner im Bund mit einem langen Forderungskatalog. Es geht um Programme und Posten. 

Die ostdeutschen Länder stellen weitreichende Forderungen an die künftigen Koalitionäre im Bund. So verlangen sie „eine angemessene Vertretung“ der neuen Länder in der neuen Bundesregierung und beharren auf einem Ost-Beauftragten im Kanzleramt. 

„Der Beauftragte für Ostdeutschland muss weiterhin mit Kabinettsrang ausgestattet sein, um die strukturellen Unterschiede zwischen Ost und West sichtbar zu halten und neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Impulse für Ostdeutschland anzustoßen“, heißt es der gemeinsamen Erklärung der Regierungschefs von Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Das siebenseitige Papier liegt exklusiv dem stern vor.

Als Ost-Beauftragter der scheidenden Bundesregierung amtiert der SPD-Bundestagsabgeordneter Carsten Schneider. Er ist als Staatsminister im Kanzleramt angesiedelt und darf an allen Sitzungen des Kabinetts teilnehmen. 

Regierungschefs fordern Bundesminister aus Ostdeutschland

Zuletzt hatte es aus der Union immer wieder Forderungen gegeben, das Amt abzuschaffen. Er halte den Posten im 35. Jahr der deutschen Wiedervereinigung „für überholt“, sagte etwas Unionsbundestagsfraktionsvize Sepp Müller, der selbst aus Sachsen-Anhalt stammt.

Dem stellen sich nun die Ost-Ministerpräsidenten parteiübergreifend entgegen und machen gleichzeitig ihre Forderungen für die Zusammensetzung der neuen Bundesregierung deutlich: „Zudem erwarten wir, dass Bundesministerinnen und Bundesminister mit ostdeutschem Hintergrund berufen werden.“

Die Ost-Ministerpräsidentenkonferenz verlangt zudem eine bevorzugte Beteiligung an dem geplanten 500-Milliarden-Investitionspaket. Der Osten müsse dort „eine hervorgehobene Berücksichtigung finden“, um die „Standortnachteile der ostdeutschen strukturschwachen Regionen“ auszugleichen, erklärten sie. Konkret wird etwa ein Infrastrukturprogramm für die Hochschulforschung gefordert, um „den strukturellen Rückstand“ in diesem Bereich gezielt zu überwinden.

Darüber hinaus pochen die Regierungschefs auf zusätzliche Maßnahmen gegen den im Osten besonders grassierenden Fachkräftemangel und eine „Experimentierklausel für unbürokratische Erprobungsräume“. Die in den Sondierungen von Union und SPD bereits vereinbarte Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß müsse auch für alle Haushalte und kleine bis mittlere Unternehmen gelten. 

Im Verkehrsbereich wollen die Regierungschefs eine bessere Anbindung an Polen und Tschechien und „forcierte Maßnahmen zum Ausbau und Elektrifizierung des Schienen- und Straßennetzes“. Die Mittel für den Regional- und Nahverkehr müssten an die tatsächlichen Preissteigerungen angepasst werden. Verlangt wird zudem eine „langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent und der Rentenbeiträge“, eine „finanzielle Entlastung der ostdeutschen Kommunen von Altschulden“ und die „verstärkte Ansiedlung von Bundesbehörden, EU-Institutionen und Forschungseinrichtungen in Ostdeutschland“. 

Schwesig: „Mehr für den Osten tun“

Der Thüringer CDU-Regierungschef Mario Voigt bezeichnete das Positionspapier als ein „klares Zeichen“ an die neue Bundesregierung. „Jetzt ist die Zeit für mutige Entscheidungen und eine Politik, die Ostdeutschland als gleichberechtigten Motor für den gesamtdeutschen Erfolg begreift“, sagte der Chef der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz dem stern. „Die Themen des Ostens sollte eine neue Bundesregierung stärker berücksichtigen.“

Für die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, geht es darum, „die Demokratie im Osten“ zu stärken und „gleichwertige Lebensverhältnissen“ zu erreichen. „Die neue Bundesregierung muss mehr für den Osten tun“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende dem stern. „Und wir haben die klare Erwartung, dass der Osten in der kommenden Bundesregierung vertreten ist.“

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