Crack ist extrem gefährlich und breitet sich bundesweit aus. Im Frankfurter Bahnhofsviertel ist nun ein spezielles Zentrum für Abhängige geplant. Kann es ein Vorbild sein? Und was sagen Kritiker?
Das Elend im Frankfurter Bahnhofsviertel ist hoch. Crack dominiert längst die dortige Drogenszene – mit den entsprechenden Begleiterscheinungen. Nun will die Stadt Frankfurt ein neues Suchthilfezentrum speziell für Crack-Abhängige errichten. Doch es gibt auch Kritik. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie wirkt sich Crack auf die Kommunen – und speziell auf das Frankfurter Bahnhofsviertel – aus?
Crack hat sich in den vergangenen Jahren massiv in Deutschland verbreitet. Vielerorts werde in Städten und Kommunen derzeit beobachtet, dass Crack in den örtlichen Drogenszenen auftauche, heißt es im „Jahrbuch Sucht 2025“ der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. „Es bilden sich wieder offene Szenen mit großen Verelendungserscheinungen“, sagte unlängst Experte Heino Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences.
Im Frankfurter Bahnhofviertel ist Crack längst die dominierende Droge. Das hat auch Auswirkungen auf die dortige Szene. Während Heroin eher beruhigt, putscht Crack innerhalb weniger Sekunden auf und macht mitunter sogar aggressiv. Die Drogenhilfe hat es dadurch mit einer veränderten Situation zu tun. Da sind ruhelose und aufgeputschte Klienten, die Experten zufolge eine neue Ansprache und sehr niedrigschwellige Hilfe brauchen.
Was ist Crack überhaupt und was macht die Droge so gefährlich?
Crack wird auf Kokainbasis, oft vermischt mit Backpulver, hergestellt. Die weiß-gelblichen Kristalle werden erhitzt, bevor sie meist mit einer Pfeife geraucht werden. Der Name Crack bezieht sich auf das knackende Geräusch, das dabei zu hören ist. Drogenexperte Stöver spricht von einer Potenzierung des Kokainrauschs. „Die Droge hat ein enormes Suchtpotenzial.“ Man erfahre viel stärker als bei Kokain eine enorme Euphorie, die aber nur Minuten andauere und dann in eine Dysphorie zurückfalle – die in etwa das Gegenteil ist. Die Euphorie würden viele als „einen ICE-Zug durchs Gehirn“ beschreiben. Als etwas, was sie schnell wiederholen wollten.
Was hat es mit dem neuen Zentrum auf sich – auch im Vergleich zu bestehenden Konsumräumen?
In Deutschland gibt es über 30 Drogenkonsumräume, vier davon sind in Frankfurt. Aufgrund der neuen Herausforderungen von Crack seien die Drogenkonsumräume im Wandel, heißt es bei der Deutschen Aidshilfe.
Zum geplanten Crack-Zentum in Frankfurt sagt die dortige Gesundheitsdezernentin Elke Voitl (Grüne): „Erstmals werden in einem Hilfezentrum mehrere Angebote der Drogenhilfe unter einem Dach zusammengeführt – von der Erfüllung grundlegender Bedürfnisse bis hin zu passgenauer Beratung.“ Geplant sind Duschen, eine Kleiderkammer, ein Krankenzimmer, eine Substitutionsambulanz, eine Wundversorgung, Notübernachtungen und Tagesruhebetten. Dazu kommen Angebote nur für Frauen sowie Rechts- und Migrationsberatung. „Lediglich ein Viertel der Fläche ist als Konsumbereich geplant“, erklärt die Dezernentin.
Was erhoffen sich die Stadt und Experten von dem neuen Zentrum?
Es biete die Chance, „Konsumenten direkt und ohne Umwege in weitere Hilfe zu vermitteln und ihnen einen Weg aus ihrer Sucht zu zeigen“, sagt Dezernentin Voitl. Zudem habe das Zentrum das Potenzial, das Elend auf den Straßen zu reduzieren. „Ein solches Zentrum diene sowohl den Interessen der Stadtbevölkerung als auch der Abhängigen“, ergänzt Stöver. Die Szene müsse überdacht werden. Und: Es sei das Wichtigste, einen Zugang zu den Menschen zu finden. „Die Zauberformel ist, Kontakt zu den Konsumierenden herzustellen und zu halten.“
Warum richtet sich das Zentrum speziell an Menschen aus Frankfurt?
In der Mainmetropole sorgt schon länger für Diskussionen, dass viele Besucher der Hilfseinrichtungen gar nicht aus Frankfurt stammen, sondern aus anderen hessischen Kommunen – oder gar aus anderen Bundesländern. „Frankfurt kann und wird nicht dauerhaft die Suchthilfe für ganz Süddeutschland leisten“, sagte unlängst Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). Frankfurt vollziehe in der Drogenpolitik einen „Paradigmenwechsel“. Hilfesuchende, die ihren Wohnsitz außerhalb des Stadtgebiets haben, würden nach einer Notversorgung im Zentrum in ihre Heimatorte zurückvermittelt, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsdezernats.
Gibt es auch Widerstand gegen die Pläne?
Anwohner und Gewerbetreibende lehnen den geplanten Standort ab. „Suchthilfeeinrichtungen dürfen nicht weiter im Viertel konzentriert, sondern müssen perspektivisch reduziert werden“, erklärte die Eigentümerinitiative Bahnhofsviertel. Und: Es gibt sogar Kritik aus den eigenen Reihen. So stimmten Teile der FDP, die in Frankfurt mitregiert, gegen den Magistratsbeschluss.
Gibt es ähnliche Projekte in anderen deutschen Städten?
Das auf Crack spezialisierte Hilfezentrum sei ein bislang einmaliges Projekt in Deutschland, sagt Voitl. „Es gibt daher keine Erfahrungswerte.“ Die Stadt betrete Neuland. Und Experte Stöver von der Frankfurt University of Applied Sciences sagt: „Drogenexperten schauen da sehr interessiert drauf. Es könnte tatsächlich eine Blaupause sein, eben auch für andere Städte.“