Istanbuler Bürgermeister: Türkische Justiz verhaftet Erdogan-Kontrahenten Imamoglu

Ekrem Imamoglu ist Bürgermeister von Istanbul – und gilt als aussichtsreicher Herausforderer des mächtigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Nun geht die Justiz gehen ihn vor.

Wenige Tage vor seiner geplanten Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei in der Türkei ist der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu verhaftet worden. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur aus dem Umfeld des wichtigen Kontrahenten von Staatschef Recep Tayyip Erdogan bestätigt. 

Das Büro des Gouverneurs der Provinz Istanbul verhängte zudem eine viertägige Demonstrations-, Versammlungs- und Nachrichtensperre bis Sonntag. Nach der Festnahme von Imamoglu meldete die Internetbeobachtungsorganisation NetBlocks, dass der Zugang zu mehreren Online-Plattformen in der Türkei eingeschränkt worden sei. Dazu zählten X, YouTube, Instagram und TikTok.

Dem wichtigsten politischen Konkurrenten von Präsident Recep Tayyip Erdogan werde die Führung einer kriminellen Vereinigung, Bestechung, Manipulation von Ausschreibungen und die Unterstützung einer terroristischen Organisation vorgeworfen, teilten die Behörden am Mittwoch mit.

Die Staatsanwaltschaft Istanbul teilte mit, dass es bei den Ermittlungen gegen Imamoglu um zwei Verfahren gehe. Zum einen handele es sich um den Vorwurf krimineller Aktivitäten im Zusammenhang mit Ausschreibungen der Stadtverwaltung, in die 100 Personen verwickelt seien. Darunter seien Journalisten und Geschäftsleute. Im zweiten Fall werde Imamoglu und sechs weiteren Personen vorgeworfen, die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die von der Türkei als Terrororganisation eingestuft wird, unterstützt zu haben.

Imamoglu: „Befinden uns im Angesicht einer großen Tyrannei“

Imamoglu veröffentlichte am Morgen auf der Plattform X ein Video, in dem er davon sprach, dass Hunderte Polizisten vor seiner Haustür stünden. „Wir befinden uns im Angesicht einer großen Tyrannei“, schrieb er dazu. Er werde aber nicht aufgeben. Mehrere Fernsehsender berichteten, die Polizei habe sich Zutritt zu Imamoglus Anwesen verschafft und das Gebäude durchsucht.

Die größte Oppositionspartei CHP wollte Imamoglu eigentlich am Sonntag offiziell zu ihrem Kandidaten für die nächste reguläre Präsidentschaftswahl im Jahr 2028 ernennen. 

Das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen Imamoglu hatte sich schon vorher angekündigt. Am Dienstag war bekanntgeworden, dass die Istanbul-Universität ihm den Hochschulabschluss aberkannt hat. Dieser ist Voraussetzung zur Kandidatur für das Präsidentenamt. Hintergrund der Annullierung soll ein angeblich unrechtmäßiger Universitätswechsel sein.

Hochschulabschluss von Imamoglu zuvor aberkannt

Imamoglu erklärte, er wolle gegen die Entscheidung vor Gericht ziehen, habe aber das Vertrauen in faire Urteile verloren. Ihm drohen in einer Reihe weiterer Verfahren Haftstrafen und Politikverbote. 

Sein Anwalt Kemal Polat hatte der Deutschen Presse-Agentur vor Bekanntwerden des Haftbefehls gesagt, Imamoglu könne erst als Präsidentschaftskandidat antreten, wenn alle Rechtswege gegen die Entscheidung ausgeschöpft seien. 

Der Vorsitzende der CHP, Özgür Özel, sprach von einer politischen Entscheidung sowie von einem Putschversuch und einem entscheidenden Moment für die Zukunft der türkischen Demokratie. Das Volk solle daran gehindert werden, den nächsten Präsidenten selbst zu bestimmen. Er rief die 1,7 Millionen Partei-Mitglieder dazu auf, trotz der Verhaftung am Sonntag an der partei-internen Wahl des CHP-Spitzenkandidaten teilzunehmen.

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.

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