Der Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof mit Dutzenden Verletzten am Freitag warf Fragen auf. Nun kommen immer mehr Information zur Täterin ans Licht.
Nach dem Messerangriff im Hamburger Hauptbahnhof mit 18 Verletzten kommen immer mehr Erkenntnisse zur Vorgeschichte der Verdächtigen ans Licht. Wie ein Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums bestätigte, wurde die Frau am Tag vor der Attacke aus einer Psychiatrie im Landkreis Cuxhaven entlassen. Dort war sie zuvor behandelt worden. Nach Auskunft der Klinik gab es zum Zeitpunkt der Entlassung keinen medizinischen Befund, der eine weitere Unterbringung gerechtfertigt hätte.
Derweil hat die Verdächtige die Tathandlung vor dem Haftrichter inzwischen eingeräumt. Das teilte eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg auf Anfrage mit. Die 39-Jährige war am Freitagabend festgenommen worden, nachdem sie am Bahnsteig wahllos um sich gestochen haben soll.
Ein Haftrichter hatte die Unterbringung der Verdächtigen in einer psychiatrischen Klinik angeordnet. Der Unterbringungsbefehl laute auf versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in 15 Fällen, teilte die Polizei mit.
Tatverdächtige wurde Anfang Mai hilflos gefunden
„Der Unterbringungsbefehl bezieht sich auf die Personen, die unmittelbar mit dem Messer verletzt wurden und dadurch Schnitt- oder Stichverletzungen unterschiedlicher Schwere erlitten haben“, erklärte die Polizei in ihrer Mitteilung. Insgesamt seien 18 Menschen in Krankenhäuser gebracht worden – die übrigen erlitten demnach aber andere Verletzungen, „beispielsweise durch einen Sturz oder Schock“.
Die Frau sei Anfang Mai hilflos gefunden worden, teilte der Sprecher des Gesundheitsministeriums mit. Sie sei daraufhin eingewiesen und für drei Wochen in der Klinik behandelt worden. Über ihre Krankheit macht das Ministerium zum Schutz der Persönlichkeitsrechte und wegen der ärztlichen Schweigepflicht keine weiteren Angaben.
Bevor jemand aus einer Psychiatrie entlassen wird, werden laut Ministerium verschiedene medizinische, rechtliche und soziale Aspekte abgewogen. Im Zentrum steht die Frage, ob der Patient oder die Patientin nach der Entlassung eine Gefahr für sich oder andere darstellen könnte. Im Fall der Verdächtige hätten die Ärzte keinen Grund gesehen, die 39-Jährige weiter in der Klinik zu behalten. „Eine freiwillige Weiterbehandlung war nicht angestrebt.“
Drei Frauen im Alter von 24, 52 und 85 Jahren und ein 24 Jahre alter Mann waren lebensgefährlich verletzt worden. Sie befinden sich inzwischen alle in einem stabilisierten Zustand, wie die Polizei bereits am Samstag mitteilte. Zudem wurden sieben Menschen schwer und weitere sieben Menschen leicht verletzt. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher sprach davon, dass einige der Verletzten die Krankenhäuser wieder verlassen konnten. Zu dem Gesundheitszustand der Verletzten gab es am Sonntag zunächst keine neuen Informationen.
Tatverdächtige hat wohl keinen festen Wohnsitz
Die Tatverdächtige soll früheren Angaben der Polizei zufolge nicht politisch motiviert gewesen sein. „Vielmehr bestehen inzwischen sehr konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung der Tatverdächtigen“, hatte die Polizei mitgeteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihre Unterbringung beantragt.
Die Verdächtige hat laut Polizei „nach den bisherigen Erkenntnissen“ keinen festen Wohnsitz. Wie ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums auf Anfrage mitteilte, soll die Frau offenbar gebürtig aus Niedersachsen kommen.
Tatverdächtige war polizeibekannt
Die Frau ist für die Behörden keine Unbekannte. Die gebürtige Niedersächsin ist seit 2021 immer wieder polizeilich aufgefallen, wie ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums mitteilte. „Unter anderem erschien sie mehrfach auf Polizeidienststellen und zeigte dabei deutliche Anzeichen einer psychischen Erkrankung.“
Im vergangenen Jahr leitete die Polizei mehrere Strafverfahren gegen die Verdächtige ein, wie das Ministerium weiter mitteilte. Vor dem Messerangriff in Hamburg sei die 39-Jährige zuletzt Anfang Mai in Cuxhaven auffällig gewesen.
Die niedersächsischen Behörden haben nach eigenen Angaben keine Hinweise, dass die Verdächtige bei Einsätzen in der Vergangenheit schon mal ein Messer genutzt haben könnte. Auch lägen keine waffenrechtlichen Erlaubnisse vor.
Mutige Helfer greifen im Hauptbahnhof Hamburg ein
Zum Zeitpunkt der Tat am frühen Freitagabend war der Bahnsteig zwischen den Gleisen 13 und 14 voller Menschen. Dass die Attacke nicht noch mehr Menschen traf, ist dem mutigen Eingreifen von zwei Passanten zu verdanken. „Durch das sehr schnelle Eingreifen zweier Passanten, die sich auf dem Bahnsteig befanden, (…) konnte der Angriff unterbrochen werden“, teilte die Polizei mit.
Einsatzkräfte hätten die 39-Jährige im Anschluss schnell festnehmen können. Sie habe sich widerstandslos festnehmen lassen. Nach derzeitigen Erkenntnissen soll die Verdächtige alleine gehandelt haben. Das Tatmesser sei sichergestellt worden.
Der Hamburger Hauptbahnhof gehört mit mehr als 500.000 Reisende pro Tag zu den am stärksten frequentierten Verkehrsknotenpunkten in Deutschland. Im freitäglichen Feierabendverkehr herrscht dort regelmäßig dichtes Gedränge. Am Freitag begannen in Hamburg einwöchige Schulferien.