Krimi aus Bremen: Stalking ist eine Straftat – dieser „Tatort“ zeigt, warum

Die Leiche eines Mannes führt die „Tatort“-Kommissarinnen Moormann und Selb zu einer alleinerziehenden Mutter. Es stellt sich heraus, dass der Tote nicht nur Opfer, sondern auch Täter war.

3 von 5 PunktenSozialkritischer Krimi über die Situation Alleinerziehender und das Thema Stalking

Worum geht’s in diesem „Tatort“?

Sie überwacht jeden Schritt ihrer Tochter mit einer Tracking-App, lässt ihre Post an eine fremde Adresse schicken und blickt sich auf der Straße panisch um: Die alleinerziehende Mutter Rani Ewers (Via Jikeli) lebt in ständiger Angst. Seit der Trennung wird die junge Frau von ihrem Ex-Freund Marek Kolschak (Jonathan Berlin) gestalkt. Ihre Mitbewohnerin Paula (Sarina Radomski) rät, den Mann anzuzeigen, doch Rani will nur eines: weg aus Bremen und umziehen in eine andere Stadt. Als Kolschak tot am Weserstrand gefunden wird, nehmen die Kommissarinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) direkt Rani Ewers ins Visier, denn sie hat für die Tatnacht kein überzeugendes Alibi. Eine weitere Spur führt zum Arbeitgeber von Marek Kolschak. Er arbeitete als Investigativreporter für ein Online-Magazin und recherchierte im Drogenmilieu. Wurde ihm das zum Verhängnis? Und was weiß Kolschalks Kollege Benno Falk (Julian Greis), der ihn kurz vor seinem Tod getroffen hat?

Warum lohnt sich der Fall „Solange du atmest“?

Der Film (Drehbuch: Judith Westermann, Regie: Franziska Margarete Hoenisch) ist immer dann am stärksten, wenn er sozialkritische Töne anschlägt und die Probleme der alleinerziehenden Mutter Rani Ewers in den Fokus rückt. Ihre Sorge, keine bezahlbare Wohnung zu finden. Die Tatsache, dass sie bei Bewerbungen oft als Erste aussortiert wird, weil sie vielleicht nur in Teilzeit arbeiten kann. Oder der Umstand, einfach keine Zeit für sich zu haben. „Wissen Sie, was das Schlimmste ist? Diese Leute, die einen ernsthaft fragen, ob man sich am Wochenende erholt hat. Ich habe seit Jahren keine Minute Pause gehabt. Wie dieser Staat mit alleinerziehenden Müttern umgeht, das ist wirklich unterirdisch“, sagt Ewers in einer Szene zu Kommissarin Linda Selb. Tatsächlich leben laut einer Studie der Bertelsmannstiftung in Deutschland 1,7 Millionen alleinerziehende Familien mit minderjährigen Kindern – das ist jede fünfte Familie. Acht von zehn Alleinerziehenden sind Frauen. Und noch immer gelten Alleinerziehende als besonders armutsgefährdet – daran hat sich seit Jahren kaum etwas geändert, obwohl die meisten alleinerziehenden Eltern berufstätig sind.

Was stört?

Eine alleinerziehende Mutter, die von ihrem Ex-Freund gestalkt wird. Der wiederum erhält Drohungen von einem Dealer, weil er als Journalist zum Tod eines Jugendlichen im Drogenmilieu recherchiert hat. Und Kommissarin Moormanns Schwester, die in der JVA einsitzt, ist auch involviert. Blicken Sie noch durch? Eben! Der Krimi vermischt etliche Probleme und schafft zu viele parallele Erzählstränge. Das sorgt für Verwirrung. Statt zahlreiche verschiedene Themen anzureißen wäre es wünschenswert gewesen, die Hauptfiguren detaillierter auszuarbeiten sowie mehr über ihre Lebensgeschichte und die Motive ihres Handelns zu erfahren. Auch die intensive Auseinandersetzung mit Stalking als Straftat kommt zu kurz. Am Ende kratzt der Film bei allem nur an der Oberfläche.

Die Kommissarinnen?

Die eine ist notorisch gereizt, weil ihr Gegenüber nicht so schnell und analytisch denkt wie sie. Die andere geht mit einer latenten Aggressivität und negativen Grundstimmung durchs Leben: Bei den Kommissarinnen Selb und Moormann herrscht dicke Luft. Es gibt Streit, weil Selb sich in Moormanns Privatleben einmischt. Die Frauen geraten nicht nur verbal aneinander, sondern auch körperlich: Beim Krav-Maga-Training lassen sie auf der Matte ihrer Wut freien Lauf. Auch bei den Ermittlungen agieren sie nicht wirklich als Team. „Spar dir ab jetzt deine Alleingänge“, fährt Selb ihre Kollegin an. „Das sagt die Richtige“, blafft Moormann zurück.

Ein- oder ausschalten?

Der „Tatort“ beschäftigt sich mit einem wichtigen Thema und wartet mit einem starken Frauen-Ensemble auf: zwei Gründe zum Einschalten. Geben Sie dem Film eine Chance.

Die Kommissarinnen Moormann und Selb ermittelten auch in diesen Fällen:

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