In der FDP Mecklenburg-Vorpommern kriselt es nicht erst seit der verlorenen Bundestagswahl. Die Landtagsfraktion verliert ein weiteres Mitglied und der Rückhalt für Parteichef René Domke schwindet.
Der FDP Mecklenburg-Vorpommerns ist auf ihrem Landesparteitag in Linstow (Landkreis Rostock) der erhoffte Neustart nach dem desaströsen Ergebnis bei der Bundestagswahl missglückt. Statt geeint und kraftvoll das Signal für eine erfolgreiche Landtagswahl 2026 zu setzen, traten die parteiinternen Differenzen offener zutage denn je. Mit nur noch knapp 68 Prozent Rückhalt ging Landesparteichef René Domke geschwächt aus der Vorstandswahl hervor. Mit Sandy van Baal verkündete zudem ein weiteres Mitglied der FDP-Landtagsfraktion ihren Austritt aus der Fraktion, „mit sofortiger Wirkung“, wie sie betonte.
Die Entscheidung van Baals komme für ihn überraschend, räumte Domke ein. „Der Verlust der Abgeordneten bedeutet für uns das Ende der Fraktion – und damit auch Einschränkungen bei unserer parlamentarischen Arbeit“, machte er die ganze Tragweite deutlich. Für eine eigenständige Fraktion sind mindestens vier Abgeordnete erforderlich. Wird diese Zahl nicht erreicht, gelten die Parlamentarier als Gruppe mit eingeschränkten Möglichkeiten im Parlament.
Domke: Neue Wege der Parlamentsarbeit nötig
„Wir nehmen die neue Situation an und werden alles daransetzen, dass liberale Politik auch weiterhin eine vernehmbare Stimme im Landtag hat“, zeigte sich Domke kämpferisch. Es würden nun neue Wege geprüft, um den Wählerauftrag weiter zu erfüllen. Mit Domke als Spitzenkandidat war der FDP nach zehnjähriger Unterbrechung 2021 die Rückkehr in den Landtag gelungen. Die Partei erzielte 5,8 Prozent der Wählerstimmen und zog mit fünf Abgeordneten in das Parlament ein.
Bereits im September 2024 war Sabine Enseleit aus Partei und Fraktion ausgetreten und zur CDU gewechselt. So radikal will van Baal nicht mit der FDP brechen. „Ich bleibe Abgeordnete und ich bleibe Liberale. Denn ich bin überzeugt: Politik braucht wieder Haltung“, erklärte die 48-Jährige. Ihre Entscheidung, aus der Fraktion auszutreten, begründete sie mit dem Verlust grundlegender FDP-Prinzipien in deren Arbeit.
Kritik am Domkes Führungsstil
„Ich bin mit dem Ziel in die Politik gegangen, liberale Werte mit Leben zu füllen: Freiheit, Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und das Vertrauen in mündige Bürgerinnen und Bürger. Doch ich muss erkennen: Die Fraktion, der ich angehört habe, hat diesen Anspruch mehr und mehr aus dem Blick verloren“, konstatierte sie. Kritisches Denken werde nicht ermutigt, sondern als Störung empfunden. „Zu oft geht es um Absicherung, nicht um Aufbruch. Führung bedeutet nicht mehr Richtung, sondern Stillstand“, richtete van Baal ihre Kritik direkt an die Adresse von Partei- und Fraktionschef Domke.
Heftige Vorwürfe kamen auch von der bisherigen stellvertretenden Parteivorsitzenden Julia Kristin Pittasch, die Domke einen Mangel an Selbstreflexion bescheinigte. „Wenn man in einer Wahlperiode drei Stellvertreter, einen Generalsekretär, zwei Landtagsabgeordnete und unzählige Fraktionsmitarbeiter verliert, dann sind nicht die anderen die Geisterfahrer“, sagte Pittasch, die nicht wieder für den verkleinerten Vorstand kandidierte und den Grund dafür klar benannte: „Der Fisch stinkt vom Kopf her.“
FDP-Landesvorstand Männerdomäne
Domke steht seit 2013 an der Spitze der Landes-FDP, so lange wie keiner seiner sieben Vorgänger. Zur Wiederwahl war er ohne Gegenkandidaten angetreten, brachte aber nun zwei Drittel der Delegierten hinter sich. Bei der Vorstandswahl 2023 hatten noch fast 86 Prozent für den heute 53 Jahre alten Diplom-Finanzwirt aus Wismar gestimmt. Als Stellvertreter stehen ihm nun Kay Alexander Wenzel aus Barth in Vorpommern und Gero Pickert aus der Mecklenburgischen Seenplatte zur Seite.
Zum neuen Generalsekretär wurde der frühere Bundestagsabgeordnete Christian Bartelt gewählt. Er räumte ein, dass es im rund 720 Mitglieder zählenden Landesverband eine „gewisse Lagerbildung“ gegeben habe. „Wenn aber ein Drittel der Delegierten mit der Arbeit des Vorsitzenden unzufrieden ist, dann ist es feige, keinen Gegenkandidaten aufzustellen“, sagte er.
Wählerrückhalt halbiert
Im Sog der Bundespartei und infolge mangelnder Geschlossenheit büßte die Nordost-FDP an Zustimmung ein. Bei der Bundestagswahl im März 2025 fuhr sie mit 3,2 Prozent ein Ergebnis ein, das unter dem der Bundespartei von 4,3 Prozent lag. Auch auf Landesebene kann die FDP derzeit die Fünf-Prozent-Hürde nicht überwinden, in jüngsten Umfragen lag sei bei drei Prozent.
„Wir müssen aufhören, uns mit uns selbst zu beschäftigen“, hatte Domke in seiner Rede am Samstag an die Parteimitglieder appelliert und den Blick auf die Landtagswahl im Herbst 2026 gerichtet. „Wir müssen ab sofort anfangen, uns mit den politischen Mitbewerbern zu befassen – sie anzugehen, sie anzugreifen“, sagte Domke. Die Partei müsse mit eigenen Inhalten überzeugen. Die FDP habe viel aufzuholen.