Lebensraum Stadt: Nistplatz oben auf dem Wolkenkratzer

Das Dach von Deutschlands höchstem Bürogebäude ist für Wanderfalken der ideale Ort, um Nachwuchs aufzuziehen. Längst sind auch andere Greifvögel in der Stadt heimisch geworden.

Einen spektakuläreren Ort für die Aufzucht ihres Nachwuchses hätte sich das Wanderfalken-Paar kaum aussuchen können: Auf dem Dach des Commerzbank-Towers in Frankfurt, Deutschlands höchstem Bürogebäude, wurden Anfang März wieder einmal zwei Eier der Greifvogel-Art entdeckt, wie eine Sprecherin der Commerzbank mitteilte. 

Seit 2007 brüten regelmäßig Wanderfalken auf dem 259 Meter hohen Wolkenkratzer. Generell haben die Vögel die Stadt als Lebensraum entdeckt, wie auch andernorts in Hessen zu beobachten ist. Neben Hochhäusern dienen ihnen unter anderem Schlote, hohe Brückenbauten, Strommasten und Kirchtürme als Ersatz für Felswände, wo sie natürlicherweise brüten. 

Ein Platz in luftiger Höhe ermögliche es den Vögeln, ihre Beute – andere Vögel – von oben zu beobachten und zu greifen, wie der Frankfurter Wanderfalken-Experte und Naturschützer Ingolf Grabow sagt. Acht bis zehn Brutpaare gebe es in der Stadt.

Stark bedrohte Art

Die Art stand vor einigen Jahrzehnten kurz vor dem Aussterben, Grund waren neben der Jagd später verbotene Pflanzenschutzmittel wie DDT, die die Vögel Eier mit zu dünner Schale legen ließen. Inzwischen gehe es dem Wanderfalken wieder gut, sagt Grabow. Problematisch sei für alle Wildtiere der Rückgang ihres natürlichen Lebensraums.

Da seien Städte für die Vögel ein attraktiver Lebensraum, hohe Gebäude, viel Grün und ein breites Nahrungsangebot sind vorhanden. „Es gibt mehr Vögel in der Stadt als in der abgeräumten Agrarnatur“, sagt Grabow. 

Zur Taubenbekämpfung eignen sich die Falken jedoch nicht, wie Grabow unterstreicht. Stadttauben bewegten sich meist zu tief im Luftraum, eher erwischten die Greifvögel Brieftauben.

Habicht und Mäusebussard

Und auch zahlreiche Exemplare anderer Greifvogel-Arten leben inzwischen fernab von Wald und Wiesen, Nabu-Vogelexperte Bernd Petri nennt unter anderem Mäusebussard, Habicht und Sperber. Die Stadt biete auch ihnen gute Lebensbedingungen. In Parks und Friedhöfe könnten sie jagen, weil sich dort viele kleinere Vögel und andere Kleintiere aufhalten wie Kaninchen oder Mäuse. 

An den Lärm, den Verkehr und die Präsenz des Menschen hätten sich auch die großen Vögel gewöhnt. „Das war eine sukzessive Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten“, sagt Petri. 

In der Stadt sei es zudem wärmer und heller, was die Vögel ebenfalls zu nutzen wüssten. Für die menschlichen Stadtbewohner sei die Sichtung eines Greifvogels ein besonderes Erlebnis, wie viele Meldungen belegten, die den Nabu immer wieder erreichten. 

Der Wanderfalke sei inzwischen wieder flächendeckend vertreten in Hessen. Unter anderem in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden brüteten die Vögel in Kirchtürmen und anderen städtischen oder industriellen Bauten. Dort aufgezogene Jungvögel suchten dann ähnliche Nistplätze auf, wenn sie erwachsen sind. Auf bis zu 180 Paare werde der Bestand in Hessen geschätzt.

Kreative Namensgebung 

Die insgesamt zwei Eier auf dem Commerzbank-Hochhaus entdeckte ein Feuerwehrmann Anfang März. Das Gelege befindet sich nach Angaben der Sprecherin der Bank an einer Stelle auf der Antennenanlage, die nur von der Höhenrettung der Feuerwehr zu erreichen ist. 

Aktuelle Fotos gibt es nicht, denn die Vögel mit einer Spannweite von gut einem Meter dürfen nicht gestört werden. Wenn der Nachwuchs schlüpft, wird das daher nicht beobachtet werden können. 

Innerhalb der Bank werde es jedenfalls wieder einen Aufruf zur Namensgebung geben. Dies war in den vergangenen Jahren mit durchaus kreativem Ergebnis passiert: So kam einmal in Anspielung auf den österreichischen Sänger „Falco“ für ein einzelnes Jungtier heraus, ein anderes Mal gewannen mit Blick auf die Sekretärin aus den Bond-Filmen die Namen „Money“ und „Penny“. Auch auf „Tick“, „Trick“ und „Track“ wurde der Falken-Nachwuchs schon getauft in Erinnerung an die Großneffen der reichsten Ente der Welt, Dagobert Duck.

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