Die eingeschleppte Asiatische Hornisse ist wohl oder übel gekommen, um zu bleiben. Sie frisst andere Insekten – und vermehrt sich rasant. Experten kommen beim Kampf gegen die Nester nicht mehr nach.
Die eingeschleppte Asiatische Hornisse ist in Baden-Württemberg deutlich stärker auf dem Vormarsch als bislang angenommen. Nach Angaben des Umweltministeriums hat sich die Zahl der entdeckten Nester in den vergangenen beiden Jahren fast verdreifacht. Die Eindringlinge, etwas kleiner als ihre heimischen Verwandten, gelten als Gefahr für die Honigbiene, die sie gezielt an den Bienenstöcken bejagt – deswegen bereitet sie Imkern große Sorgen.
Was ist die Asiatische Hornisse und woher stammt sie?
Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) stammt ursprünglich aus Südostasien. 2004 wurde eine Unterart erstmals in Europa nachgewiesen (Südwestfrankreich), zehn Jahre später war sie auch in Deutschland angekommen – sie wurde 2014 im südlichen Rheinland-Pfalz und im Raum Karlsruhe entdeckt. Nordbaden ist auch die Region mit den meisten Sichtungen auf der Meldeplattform.
Warum breitet sich die Asiatische Hornisse so schnell aus?
Die Hornisse reproduziert sich deutlich schneller als die heimische Hornisse, sie ist äußerst anpassungsfähig und ein flexibler Räuber. Sie vertilgt eine Vielzahl von Insektenarten und kann sich gut an unterschiedliche Regionen und Jahreszeiten anpassen. Außerdem begünstigt die Nähe zu Frankreich die Ausbreitung. Dort ist die Asiatische Hornisse seit Jahren unterwegs.
Und warum liegen die meisten Sichtungen ausgerechnet in Nordbaden?
„Einfach weil in Waghäusel der erste Fund war und sie sich von dort ausgebreitet hat“, sagt Carolin Rein von der Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim.
Wie hat sich ihre Zahl in Baden-Württemberg entwickelt?
Wurden im Jahr 2023 noch rund 560 Nester gemeldet, so waren es im vergangenen Jahr bereits fast 1500 bestätigte Sichtungen. Die Zahlen stammen laut Umweltministerium von der Meldeplattform bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Allerdings verweist das Ministerium in seiner Antwort auf eine Anfrage der Landtags-FDP auch auf eine noch ungenaue Datenlage. Zerstört wurden im vergangenen Jahr 864 Nester, das sind fast doppelt so viele wie 2023. Expertenteams kommen mit der Entfernung der Nester aber auch kaum noch nach.
Was hält die Landesregierung von dieser Tendenz?
Die Landesregierung sieht die Gefahr für Imker und Landwirte als „zunehmend besorgniserregend“ an. Wegen der Ausbreitung steige die Relevanz für die Imkerei vor Ort stetig, sagt auch Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) und fügt hinzu: „Bei einer zunehmenden Verbreitung lassen sich deutliche Folgen für die heimischen Bienenvölker, die Imkerei und die Landwirtschaft nicht ausschließen.“
Sorgen machen sich auch die Obst- und Weinbauern, denn die Hornisse frisst nicht nur bestäubende Insekten, sondern auch direkt Früchte. Immerhin kann ein einziges großes Nest nach Schätzungen des LAVES Instituts für Bienenkunde Celle rund elf Kilogramm Insektenbiomasse pro Jahr vertilgen – darunter viele wichtige Bestäuber wie Honigbienen, Hummeln und Schmetterlinge. Außerdem können Erntehelfer gestochen werden, das erschwert dann die Ernte.
Warum ist die Bekämpfung so schwierig?
Es fehlen ausreichend geschulte Fachkräfte mit Schutzausrüstung. Nester dürfen nur von ausgebildeten Spezialisten entfernt werden, da die Tiere ihr Nest aggressiv verteidigen. In schwierigen Fällen kann eine Entfernung nicht oder nur verzögert erfolgen. Außerdem werden viele Nester zu spät und damit erst nach der Reproduktionsphase entdeckt. Der organisatorische Aufwand von der Nestmeldung bis zur Entfernung ist überdies hoch.
Die Vernichtung der Nester wird die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse allerdings auch nur verlangsamen, nicht aber aufhalten können. Denn die Tiere vermehren sich zu schnell: „Aus einem Nest können im Durchschnitt fünf weitere werden“, sagt Bienenforscherin Rein.
Wie unterscheiden sich Asiatische und heimische Hornissen?
Die Asiatische und die unter Naturschutz stehende heimische Europäische Hornisse (Vespa crabo) lassen sich leicht unterscheiden. Hat das entdeckte Tier einen etwas dunkleren Körper und dafür gelbe Beinenden, handelt es sich um die eingeschleppte, für Menschen aber ungefährliche Art. Sind die Füße dunkel, kann das Tier in Ruhe beobachtet werden. Obendrein sind Asiatische Hornissen nur tagsüber aktiv. Die heimische Hornisse fällt durch ihren gelb-schwarz gemusterten Hinterleib auf. Bei Unsicherheit hilft ein Foto zur Bestimmung durch Fachleute.
Lässt sich die Ausbreitung noch stoppen?
Experten bezweifeln das. Dennoch versuchen Behörden durch Meldesysteme und gezielte Nestbeseitigungen, die Ausbreitung zumindest einzudämmen. Die Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim testet derzeit mit einer Ausnahmegenehmigung Lebendfallen im Freiland, mit denen selektiv Königinnen und Arbeiterinnen der Asiatischen Hornisse abgefangen werden sollen – bislang aber ohne größere Erfolge.
Die FDP ist skeptisch: „Da die wirksamste Bekämpfungszeit das Frühjahr ist und aktuell außer der Beseitigung der Nester keine Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wird sich die Asiatische Hornisse auch in diesem Jahr massiv weiter ausbreiten können“, kritisiert sie.
Was soll ich tun, wenn ich eine Asiatische Hornisse sehe?
Wird eine Asiatische Hornisse entdeckt, sollte sie möglichst fotografiert und die Sichtung auf dem Meldeportal der LUBW vermerkt werden, damit die Ausbreitung kartiert werden kann. Das gilt auch für Nester. Wichtig zum einen: Niemals eine Hornisse töten. Denn immer wieder kommt es zu Verwechslungen mit der Europäischen Hornisse. Die aber ist streng geschützt. Und zudem: Nester nicht selbst entfernen oder stören. Die Tiere verteidigen ihr Nest aggressiv.
Ist die Hornisse für den Menschen gefährlich?
Nein, grundsätzlich nicht. Die Asiatische Hornisse ist weniger aggressiv gegenüber Menschen als etwa Wespen. Sie wird aber zur Gefahr, wenn man sich einem Nest nähert – dann verteidigen die Tiere ihr Zuhause mit Stichen. Die Folge: ein Stich, ein Schmerz, Hautrötungen und Schwellungen, vielleicht auch allergische Reaktionen.