Wahleinsprüche: Bereits 800 Einsprüche gegen Bundestagswahl

Das amtliche Ergebnis der Bundestagswahl ist längst verkündet. Doch das muss nicht das letzte Wort sein. Jeder Wahlberechtigte kann dagegen Einspruch einlegen. Dieses Recht nutzen viele Menschen.

Wenige Tage vor dem Ablauf der Frist sind beim Bundestag bereits rund 800 Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl vom 23. Februar eingegangen. Das sind deutlich weniger als nach der Bundestagswahl 2021, aber deutlich mehr als nach der Wahl 2017. Damals hatte es 275 Wahleinsprüche gegeben. Die Zahl schnellte 2021 dann auf 2.198 in die Höhe – davon bezogen sich allerdings allein 1.713 auf das Wahlchaos im Land Berlin. 

Die Frist für das Einreichen von Einsprüchen gegen die jüngste Bundestagswahl läuft am kommenden Mittwoch (23. April) ab.

Bundestag entscheidet über Wahlanfechtungen 

Laut Wahlprüfungsgesetz kann jeder Wahlberechtigte, jede Gruppe von Wahlberechtigten und auch jeder Landeswahlleiter, der Bundeswahlleiter und der Präsident des Bundestages einen Einspruch einlegen. Dieser muss innerhalb von zwei Monaten nach der Bundestagswahl schriftlich und mit Begründung erfolgen. Über die Einsprüche berät der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages. 

Die Entscheidung trifft dann das Parlament. Gegen diese Entscheidung kann wiederum Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden.

Erfolgreich kann ein Einspruch nur sein, wenn ein Fehler bei der Vorbereitung oder Durchführung der Bundestagswahl festgestellt wurde. Zudem muss dieser Fehler die Sitzverteilung im Bundestag beeinflusst haben oder zumindest beeinflussen können. Fachleute sprechen von Mandatsrelevanz.

Viele Einsprüche wegen Wahl von Deutschen im Ausland

Rund 430, also mehr als die Hälfte aller aktuellen Einsprüche, betreffen nach Angaben der Bundestagsverwaltung die Möglichkeiten zur Beteiligung an der Wahl von im Ausland lebenden Deutschen. Wegen der verkürzten Briefwahlfristen hatte dieser Punkt schon vor der Wahl eine große Rolle gespielt. Es bestand von Anfang an die Befürchtung, dass die Stimmzettel vieler im Ausland lebender Deutscher nicht rechtzeitig bei den Wahlämtern eingehen würden.

Die Organisation „Mehr Demokratie“ startete deswegen eine Kampagne. Sie sieht insbesondere den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verletzt und bietet auf ihrer Seite im Internet herunterladbare Formulare für Wahleinsprüche an, die dann beim Bundestag eingebracht werden sollen. Die Begründung für die Aktion: „Für rund 3,5 Millionen Deutsche im Ausland war die Teilnahme an der letzten Bundestagswahl mit erheblichen Hürden verbunden – für viele sogar faktisch unmöglich.“ Und: „Das darf sich nicht wiederholen.“

BSW hofft auf Neuauszählung der Stimmen

Eine Wahlanfechtung hat auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) angekündigt. Die Abspaltung von der Linken will eine Neuauszählung erreichen. Das BSW kam auf 4,98 Prozent der Stimmen. Ihm fehlten nach eigenen Angaben rund 9.000 Stimmen für den Einzug in den Bundestag. Es geht davon aus, dass diese bei genauen neuen Auszählungen zusammenkämen und der jungen Partei so doch noch der Einzug in den Bundestag gelingen könne.

Mit einem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht noch vor der Feststellung des Endergebnisses hatte das BSW Schiffbruch erlitten. Die Karlsruher Richter wiesen die Partei auf das geltende Wahlprüfungsverfahren hin, das zunächst den Bundestag als Adressaten für Einsprüche vorsieht. 

Entscheidend wird nun sein, ob der Wahlprüfungsausschuss des Parlaments Fehler bei der Durchführung der Wahl erkennen kann. Keine Zweifel gäbe es dann daran, dass diese mandatsrelevant wären. Denn mit einem Sprung des BSW über die Fünf-Prozent-Hürde sähe die Zusammensetzung des Bundestages anders aus. Vermutlich hätte die angestrebte schwarz-rote Koalition keine Mehrheit. 

Einsprüche bleiben fast immer erfolglos

Die allermeisten Wahlanfechtungen bleiben erfolglos. Manchmal lassen dies schon die vorgebrachten Begründungen erwarten. So wurde die Bundestagswahl 2021 unter anderem wegen der angeblichen Beeinflussung durch Satellitenradar oder wegen der angeblich parteiischen Wahlkampf-Berichterstattung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk angefochten. 

Die Wahl 2021 war aber auch ein seltenes Beispiel für erfolgreiche Einsprüche. In Berlin waren die Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl so gravierend, dass diese nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in 455 der mehr als 2.000 Wahlbezirke wiederholt werden musste. Die Wahlfehler wie die verspätete Öffnung von Wahllokalen, die Unterbrechung der Wahl wegen fehlender Wahlzettel, die Ausgabe falscher Stimmzettel oder lange Wartezeiten bei der Stimmabgabe seien weitgehend mandatsrelevant gewesen, befanden die Karlsruher Richter.

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