Bergretter gibt Tipps für Wandertouren: Darauf sollten Anfänger und Familien achten

Wer geht nicht gern in die Berge? Doch für eine Wandertour sollte man gerüstet sein. Michael Renner von der Bergwacht Ramsau gibt Tipps.

Bergwandern ist eine wunderbare Möglichkeit, die Natur zu erleben und gleichzeitig körperlich aktiv zu werden. Einen Berg zu besteigen oder gar einen Gipfel zu erklimmen, kann ein unvergessliches Erlebnis sein. Doch es birgt auch Gefahren. Eine fehlende Ausrüstung, umschlagendes Wetter oder unterschätzte Höhenunterschiede können das Abenteuer schnell zur Gefahr machen. Michael Renner ist Einsatzleiter der Bergwacht Ramsau bei Berchtesgaden. Ab 14. April um 20:15 Uhr sind er und seine Kollegen in der neuen Doku-Serie „In höchster Not – Bergretter im Einsatz“ im BR Fernsehen zu sehen. In der ARD Mediathek sind die vier Folgen bereits abrufbar.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news gibt Renner wertvolle Tipps für angehende Bergwanderer. Er erklärt, worauf es bei der Ausrüstung ankommt, wo man sich am besten über das Wetter informiert und was man beim Wandern mit Kindern beachten sollte.

Worauf sollte man unbedingt achten, bevor man seine erste Wandertour in den Bergen antritt?

Michael Renner: Für jeden Anfang ist es natürlich ratsam, sich zuvor Informationen einzuholen. Alpenvereine und Bergschulen sind hier sicher gute Anlaufstellen. Es gibt auch Bergwanderführer – also die Vorstufe eines Bergführers. Mit dem könnte man die erste größere Tour machen, vielleicht eine Hütten-Tour für ein Wochenende in den Bergen. Das kann aber auch eine Person aus dem persönlichen Freundeskreis sein, die da affin und schon etwas erfahrener ist. Zu Beginn muss es auch kein ausgewachsener Berg sein. Eine Anhöhe reicht oft schon aus, wo man ein bisschen länger unterwegs ist und ein Gefühl für das Wandern in den Bergen bekommt.

Ist es ratsam, vorab Kurse zu besuchen, um sich spezielle Fähigkeiten anzueignen?

Renner: Unabhängig davon, ob man in die Berge geht, schadet es nicht, sich ab und zu mal mit dem Thema Erste Hilfe zu beschäftigen. Ansonsten ist das Wichtigste, dass man sich und seine Fähigkeiten kennt. Das wird natürlich besser mit der Erfahrung, die man sammelt. Man sollte lieber klein anfangen und sich langsam an größere Ziele heranarbeiten. Je besser man sich selbst einschätzen kann, desto leichter tut man sich dann auch, das eigene Können auf geplante Touren zu projizieren. Bei Kursen kommt es darauf an, in welche Richtung man sich entwickelt. Sobald es in Richtung Gletscher geht, würde ich auf jeden Fall einen Kurs beim Alpenverein oder in einer Bergschule empfehlen. Grundsätzlich kann ich empfehlen, sich dort das Angebot anzusehen.

Allein, zu zweit oder in der Gruppe: Gibt es eine ideale Gruppengröße für Bergwandertouren?

Renner: Natürlich spielt die Gruppendynamik eine Rolle. Aber in puncto Sicherheit gilt, je mehr, desto besser. Auf jeden Fall würde ich zwingend empfehlen, eine Tour in den Bergen nicht allein zu machen. Man sollte wenigstens zu zweit sein. Schon allein für den Fall, dass tatsächlich etwas passiert. Dann kann eine zweite Person Erste Hilfe leisten oder mit zwei intakten Füßen irgendwo hingehen, wo man Handynetz hat, um einen Notruf abzusetzen.

Was wird bei Bergwandertouren gerne mal unterschätzt?

Renner: Was tatsächlich viele beim Bergsteigen unterschätzen, ist der Höhenunterschied. Nach ein paar hundert Höhenmetern ist man einfach nicht mehr auf der gewohnten Höhe, wo man sich das ganze Jahr über aufhält, sondern viel höher. Da wird es viel schneller kalt. Das Wetter schlägt sich ganz anders nieder, schlägt viel schneller und stärker um, als man es gewohnt ist. Deswegen ist es wichtig, immer etwas Warmes dabei zu haben, auch im Sommer. Also einen warmen Pullover oder eine Regenjacke, je nachdem, was im Wetterbericht vorhergesagt ist. Mütze und Handschuhe sind auf jeden Fall auch wichtig. Je nachdem, wo man sich aufhält und wie hoch man steigt, kann das auch im Hochsommer ein Thema sein. Wenn man sich den 3.000 Metern nähert, sind sie ein Muss.

Was ist noch wichtig zu beachten im Hinblick auf die Ausrüstung?

Renner: Es gilt die Devise: „Zu wenig ist schlecht und zu viel ist auch schlecht.“ Wir haben es immer wieder mit Leuten zu tun, die durch das schiere Gewicht ihres „Hinkelsteins“ einfach gar keine Chance haben, jemals da anzukommen, wo sie gerne ankommen würden, weil sie einfach viel zu viel dabeihaben. Man muss sich trotz des Gewichts des Rucksacks noch wohlfühlen und sich gut bewegen können.

Wie sieht es mit den Schuhen aus? Worauf sollte man da achten?

Renner: Über die richtigen Schuhe wird gerne ein bisschen emotionaler diskutiert. Natürlich sollten sie einen hohen Schaft haben, damit man nicht umknickt, und auch eine halbwegs stabile Sohle. Wichtig ist vor allem aber, dass man einen guten Halt hat, sich wohlfühlt und sich nicht gleich Blasen läuft.

Wo informiert man sich am besten über das Wetter? Sind gängige Apps auch in den Bergen nützlich?

Renner: Ich selbst lese mir gern das Bergwetter beim Alpenverein durch. Das ist in Textform und mit ein paar Piktogrammen wird relativ gut erklärt, was einen erwartet. Im Gegensatz zu vielen Wetter-Apps ist das Bergwetter nicht stundengenau. Also dass man weiß, um elf Uhr fängt es an zu regnen oder zu gewittern und dann plant man, eine halbe Stunde vorher am Ziel zu sein. In dieser Kleinteiligkeit sollte man eine Bergtour tatsächlich nicht planen. Wenn man mal nicht so schnell vorankommt oder irgendetwas schiefgeht, dann sitzt man quasi schon mittendrin.

Welche Tipps haben Sie für Familien mit Kindern zum Wandern in den Bergen?

Renner: Da kann ich tatsächlich aus eigener Erfahrung erzählen. Für Kinder ist es völlig egal, wie der Berg oder der Gipfel heißt. Sie verlieren schnell mal die Lust. Darum sollte man mit Kindern auch mehr Zeit einplanen. Es braucht vielleicht auch ein bisschen pädagogische Kreativität, um sie dann wieder zum Weitergehen zu motivieren. Das kann eine Brotzeit oder kleine Pause sein. Es gibt auch ganz nette Wanderwege mit Wichtelpfaden. Aber wenn man mit Kindern unterwegs ist, dann muss einfach der Ehrgeiz der Eltern zurückstehen. Der Weg ist das Ziel und irgendwann kommt man vielleicht an oder auch nicht. Den Kindern ist das, wie gesagt, völlig egal.

Wenn doch mal etwas passiert: Wie setzt man am Berg einen Notruf richtig ab?

Renner: In den Bergen ist das oft schwieriger, weil man oft nur wenig Netz hat. Dann geht nur die Notruffunktion am Handy. Hier bei uns im Berchtesgadener Land haben wir das sehr oft. Erschwerend kommt hinzu, dass es dann oft nicht das deutsche, sondern das österreichische Netz ist und man bei der österreichischen Leitstelle herauskommt. Grundsätzlich ändert das aber nichts am Prozedere. Die berühmten W-Fragen sollte jeder kennen. Vor allen Dingen das Wo ist wichtig. Wir haben ganz häufig das Thema, dass die Leute gar nicht wissen, wo genau sie unterwegs sind. Da wird es dann schwierig. Deswegen ist es für uns am besten, wenn wir das Handy einfach orten können. Moderne Handys können den Standort automatisch übertragen.

Hat man ausreichend Netz und kommt über die 112 durch, gilt es alle Fragen des Disponenten zu beantworten und auch dann erst aufzulegen, wenn er sagt, dass man auflegen darf. Oft behalten sie die Leute noch in der Leitung und stellen sie für gezielte Nachfragen an uns durch. Wenn das Gespräch beendet ist, sollten der Akku gespart und keine weiteren Anrufe getätigt werden. Die Leitung sollte auch frei bleiben, damit wir zurückrufen können – gesetzt den Fall, es funktioniert ohnehin nicht nur der Notruf.

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