Der Wolf breitet sich aus in Deutschland, vor allem im Norden und Osten. Bislang stehen die einst bei uns ausgerotteten Tiere streng unter Schutz. Das könnte bald vorbei sein.
Wie umgehen mit dem wachsenden Bestand an Wölfen in Deutschland? Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die rechtlichen Voraussetzungen für einen schnelleren Abschuss der bislang streng geschützten Tiere zu schaffen. Die zunehmende Zahl der Wölfe in Deutschland führe „zu anhaltender Besorgnis“, heißt es in einer am Freitag gefassten Entschließung. Der Vorstoß dient demnach dem besseren Schutz von Weidetieren wie Ziegen und Schafen.
Es bestehe deshalb „dringender zusätzlicher Handlungsbedarf, um das Management lokaler Wolfsbestände zukünftig flexibler zu gestalten“. Eingebracht worden war die Vorlage von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Durch diese Bundesländer und Niedersachsen streifen nach offiziellen Daten die meisten Wölfe in Deutschland.
Deutschland soll sich beim Thema Wolf an EU-Recht anpassen
Die Länderkammer fordert, nationale Rechtsänderungen vorzubereiten. Damit sollten nach Änderungen beim Schutzstatus des Wolfes auf EU-Ebene dringend die Voraussetzungen für ein regional differenziertes „Bestandsmanagement“ der Tiere geschaffen werden.
In der sogenannten Berner Konvention – einem völkerrechtlichen Vertrag des Europarates – wurde der Schutzstatus des Wolfes im Dezember von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabgestuft. Damit wurde grundsätzlich die Voraussetzung für einen schnelleren Abschuss von Wölfen geschaffen.
Auch das Pony von Ursula von der Leyen wurde zum Wolfs-Opfer
Der Wolf ist ein sehr emotionales Thema. Während Naturschützer die Verbreitung der Tiere feiern, machen immer wieder Fälle Schlagzeilen, wo Nutztiere gerissen werden. Besondere Aufmerksamkeit erregte zudem Ende 2022 ein ganz besonderer Vorfall mit einem Wolf: Denn damals riss solch ein Raubtier ein Pony von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, das damals ungeschützt auf einer Weide untergebracht war. Die aus Niedersachsen stammende Politikerin ist seitdem nicht gut zu sprechen auf die Tiere.
Es habe auf europäischer Ebene ein Umdenken zum Thema Wolf stattgefunden, heißt es jetzt auch in der Entschließung der Länderkammer dazu. Die Bundesregierung solle sich nun in Brüssel für eine schnelle Anpassung des Schutzstatus in der bestehenden Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union einsetzen, die derzeit noch das Jagen von Wölfen verbiete.
Die Bundesregierung wird von den Bundesländern zudem aufgefordert, die notwendigen nationalen Rechtsänderungen vorzubereiten, um den Wolf bundesweit ins Jagdrecht aufzunehmen. Auch solle die Regierung Regelungen schaffen, um durch Wölfe verursachte Schäden in der Nutztierhaltung auf ein verträgliches Maß zu begrenzen.
Seit einem Vierteljahrhundert breiten sich Wölfe in Deutschland aus
Seit der Jahrtausendwende haben sich die einst ausgerotteten Wölfe wieder in Deutschland verbreitet. Laut dem Naturschutzbund Nabu wurden hierzulande im Jahr 2000 die ersten Wolfswelpen in freier Wildbahn geboren – in der Oberlausitz in Sachsen. Inzwischen sind die Tiere in Deutschland am häufigsten in Nordostdeutschland verbreitet. Aktuell leben Schätzungen zufolge insgesamt 209 Wolfsrudel in der Bundesrepublik und zudem 46 Paare und 19 sesshafte Einzeltiere. Ein Rudel ist eine Wolfsfamilie und besteht aus Elterntieren und dem Nachwuchs von zwei Jahren.
Scharfe Kritik an der Entschließung des Bundesrats äußerte die Naturschutzorganisation WWF. „Dieser Antrag bedient den Zeitgeist des Populismus. Es ist ein Trugschluss, dass man die Wolf-Weidetier-Konflikte mit der Flinte lösen kann“, erklärte Sybille Klenzendorf, WWF-Programmleiterin für Wildtiere Deutschland und Europa.
Das wirksamste Mittel zur Verringerung von Nutztierrissen sei ein effektiver Herdenschutz, erklärte Klenzendorf. Die Bundesländer müssten gezielt in die Unterstützung von Weidetierhaltern investieren, „um Konflikte mit Wölfen zu minimieren, anstatt auf undifferenzierte Jagd zu setzen, die das Problem nur verschärft“.
Wolf auch Thema im Koalitionsvertrag
Unterstützt werden die Länder-Forderungen hingegen von der voraussichtlich künftigen Bundesregierung aus Union und SPD. Diese wollen laut Koalitionsvertrag die Herabstufung des Wolf-Schutzstatus „unverzüglich“ in nationales Recht umsetzen. Zudem sollen das Bundesnaturschutzgesetz „für eine rechtssichere Entnahme von Wölfen“ geändert und der Wolf „umgehend“ ins Jagdrecht aufgenommen werden.
Die Unions-Umweltexpertin Anja Weisgerber (CSU) sagte: „Wir müssen den Wolf auch in Deutschland bejagen, damit wir die Bestände gezielt klein halten.“ Er solle ins Jagdrecht aufgenommen werden.
Quellen: DPA / AFP / Naturschutzbund Nabu, „Neue Osnabrücker Zeitung„, „Agrarheute„