Inside Schule: Umfrage: AfD-Anhänger weniger besorgt über Rechtsextremismus an Schulen

Beim Thema Rechtsextremismus an Schulen herrscht laut einer exklusiven Forsa-Umfrage große Einigkeit unter den Befragten – außer unter denen, die der AfD nahestehen.

Rechtsextremistische Vorfälle an Schulen haben in Deutschland in den vergangenen Jahren zugenommen. Ob gewaltsame Angriffe auf Lehrkräfte, verfassungsfeindliche Symbole oder bedrohliche Zuschriften – Rechtsextremismus ist an deutschen Schulen vielerorts Alltag geworden. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag des sternund von RTL ergab nun: Einer großen Mehrheit von 73 Prozent der Bundesbürger bereitet diese Entwicklung große oder sehr große Sorgen.  

Deutlicher wird das Bild, betrachtet man die Befragten abhängig von der Partei, die sie wählen würden: 81 Prozent der Menschen, die der Union nahestehen, machen sich demnach Sorgen, 92 Prozent der SPD-Anhänger, 91 Prozent der Menschen, die sich den Grünen am nächsten fühlen, und 90 Prozent der Linken-Anhänger.  

Nur die Sympathisanten einer Partei weichen signifikant von diesem Ergebnis ab: Über die Hälfte der Befragten, die sich der AfD zugehörig fühlen, machen sich weniger große oder gar keine Sorgen vor einer Zunahme rechtsextremistischer Vorfälle an Schulen. 

Die Zahl der rechtsextremen Vorfälle an Schulen steigt signifikant. Der Großteil der AfD-Anhänger hält sie für Einzelfälle 

Dazu passt, dass die meisten befragten AfD-Anhänger bei solchen Vorfällen von Einzelfällen ausgehen, während die große Mehrheit aller anderen Befragten glaubt, dass sie weit verbreitet sind. 

Eine Kluft zwischen den Anhängern der AfD und den Anhängern aller anderen Parteien zeigt sich in den Umfrageergebnissen auch bei den Erwartungen an Lehrkräfte. 

Fragt man etwa die Bundesbürger danach, was sie darunter verstehen, dass Lehrkräfte „neutral“ sein sollten, gibt eine große Mehrheit an, dass Lehrkräfte nicht einseitig für eine bestimmte politische Auffassung oder eine Partei werben, dass Lehrkräfte Schülerinnen und Schülern nicht ihre eigene politische Meinung aufzwingen und dass auch kontroverse politische Diskussionen im Unterricht zugelassen werden. All das steht im Einklang mit dem sogenannten Beutelsbacher Konsens, in dem die Leitgedanken der politischen Bildung in Deutschland festgeschrieben sind.  

Nur neun Prozent der Befragten verstehen hingegen unter einem politisch „neutralen“ Verhalten von Lehrkräften, dass diese sich dazu überhaupt nicht äußern, auch nicht in Reaktion auf verfassungsfeindliche Äußerungen von Schülerinnen und Schülern.  

Unterschiede zeigen sich in dieser Frage erneut am ehesten im Hinblick auf die politische Selbstverortung der Befragten. Bundesbürger, die sich selbst als politisch rechts einstufen, meinen deutlich seltener als Befragte, die sich politisch in der Mitte oder links verorten, dass Lehrkräfte kontroverse politische Diskussionen im Unterricht zulassen sollten. Und unter den politisch „rechts“ Verorteten meint fast jeder Fünfte, dass Lehrkräfte sich auch dann nicht politisch äußern sollten, wenn Schülerinnen oder Schüler verfassungsfeindliche Positionen beziehen. Letzteres meinen mit 24 Prozent am häufigsten die Anhänger der AfD.

Unter dem Slogan „Neutrale Schulen“ fordert die AfD seit Jahren strikte politische Neutralität von Lehrkräften. Die in Teilen rechtsextreme Partei beruft sich dabei unter anderem auf das staatliche Neutralitätsgebot, unterschlägt jedoch häufig dessen Grenzen: Beamte dürfen zwar keiner bestimmten Partei dienen, müssen aber für den Erhalt der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eintreten – und die Landesschulgesetze verpflichten Lehrkräfte zur Vermittlung und Verteidigung demokratischer Grundwerte.  

Ein Viertel der AfD-Anhänger spricht sich nicht dafür aus, dass Lehrkräfte sich im Unterricht für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzen 

Diese gesetzliche Verpflichtung halten knapp 90 Prozent der Befragten für richtig. Kaum jemand – fünf Prozent der Befragten – hält dies nicht für richtig. Unter den AfD-Anhängern ist dieser Anteil deutlich höher: Mit 14 Prozent halten es fast dreimal so viele Befragte für nicht richtig, dass Lehrkräfte sich im Unterricht für demokratische Grundwerte einsetzen müssen. Zwölf Prozent machten dazu keine Angabe. 

Dass sich Lehrkräfte am Grundgesetz und der freiheitlich demokratischen Grundordnung orientieren sollen, darüber scheint bei allen Wählergruppen große Einigkeit zu herrschen – außer bei jenen, die der AfD nahestehen. 

Das zeigt sich auch an der Frage, wie Lehrkräfte mit rechtsextremen Vorfällen an Schulen umgehen sollen. Eine große Mehrheit der Bundesbürger meint demnach, bei einem rechtsextremen Vorfall sollten Lehrkräfte das Thema mit den Schülern im Unterricht besprechen, die Schulleitung einschalten oder die Eltern der verantwortlichen Schüler damit konfrontieren. Knapp die Hälfte meint, Lehrkräfte sollten in diesen Fällen auch die verantwortlichen Schüler selbst damit konfrontieren und kritisieren.  

Befragte in Ostdeutschland meinen das seltener als Westdeutsche. Und auch in dieser Frage zeigen sich die stärksten Unterschiede vor allem in Abhängigkeit von den politischen Einstellungen der Befragten. Die im rechten Spektrum Verorteten und noch ausgeprägter die AfD-Anhänger sprechen sich deutlich seltener als Befragte aus dem linken Spektrum oder der politischen Mitte dafür aus, dass Lehrkräfte bei rechtsextremistischen Vorfällen Maßnahmen ergreifen wie das Thema im Unterricht zu besprechen, die Schulleitung einzuschalten, die Eltern der verantwortlichen Schüler zu konfrontieren oder diese selbst. Dass Lehrkräfte gar nichts tun sollten, fand niemand, außer Anhänger der AfD, bei denen sieben Prozent für diese Option stimmten. 

Forsa wollte wissen: Wie sollten Lehrkräfte mit der AfD im Unterricht umgehen? 

In der Frage, wie Lehrkräfte im Unterricht mit der AfD umgehen sollten, sprechen sich 44 Prozent der Bundesbürger dafür aus, die AfD genauso zu behandeln wie andere Parteien. 52 Prozent meinen hingegen, die AfD solle im Unterricht kritischer behandelt werden als andere Parteien. Für einen kritischeren Umgang plädieren vor allem die unter 30-Jährigen, Befragte im linken politischen Spektrum und die Anhänger von SPD, Grünen und Linke.   

Dass Lehrkräfte die AfD genauso behandeln sollten wie andere Parteien, meinen unter den Befragten überdurchschnittlich häufig die Ostdeutschen, Männer, Befragte zwischen 45 und 59 Jahren sowie insbesondere diejenigen, die sich im politischen Spektrum rechts verorten und die Anhänger der AfD selbst.  

Die Daten wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut Forsa für den stern und RTL Deutschland zwischen dem 10. und 15. Oktober erhoben. Datenbasis: 1001 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte. Damit ist die Umfrage repräsentativ. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert