Kriminalität: 12 Jahre Haft für Totschlag an vermisster Prostituierter

Ein 74-Jähriger aus Oberfranken muss für den Tod einer vermissten Prostituierten zwölf Jahre in Haft. Das Gericht sieht die Tat als erwiesen an – doch der Verbleib der Leiche bleibt ungeklärt.

Kurz zuvor hat der Angeklagte noch mit seinen Anwälten gescherzt, doch als das Urteil verkündet wird, blickt er nur noch stoisch ins Leere: Im Prozess um eine bis heute verschwundene 33 Jahre alte Prostituierte ist ein 74-Jähriger aus Oberfranken wegen Totschlags zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden.

Die zweite Große Strafkammer am Landgericht Bamberg zeigte sich überzeugt, dass der Angeklagte die junge Frau im August 2024 auf seinem Grundstück bei Eggolsheim (Landkreis Forchheim) im Streit tötete und ihre Leiche an einen bis heute unbekannten Ort brachte. In der Gesamtschau der Beweise sowie des Verhaltens des Angeklagten vor und nach der Tat ergebe sich ein stimmiges Bild des Tatgeschehens und des Angeklagten, sagte die Vorsitzende Richterin Marion Schmidt. 

Kennenlernen im Saunaclub

Der Deutsche hatte die 33-Jährige 2023 in einem Saunaclub in Nürnberg kennengelernt und anschließend eine Beziehung mit ihr geführt. Die gebürtige Bulgarin soll mit dem 74-Jährigen den Umzug in ihre Heimat geplant haben. Dort wollte der Mann seinen Ruhestand verbringen und für diese Pläne ein Grundstück verkaufen, mehrfach überwies er der jungen Frau hohe Geldsummen.

Am 1. August 2024 kam es nach Überzeugung der Kammer zwischen beiden zum Streit, weil die 33-Jährige erkannt habe, dass sie von „ihrem Opa“, wie sie an ihre Familie geschrieben habe, erst mal kein weiteres Geld mehr bekomme. Sie kündigte an, allein nach Bulgarien fahren zu wollen.

Angeklagter soll sich ausgenutzt und abserviert gefühlt haben

In diesem Moment habe der Angeklagte, den mehrere Zeugen als in die 33-Jährige verliebt beschrieben hätten, erkannt, dass es der Prostituierten nur ums Geld gegangen sei, sagte Richterin Schmidt. Der 74-Jährige habe sich ausgenutzt und abserviert gefühlt, seine Zukunftspläne seien geplatzt gewesen. Aus Wut und Frust habe er beschlossen, die 33-Jährige zu töten. 

Wie der Angeklagte die junge Frau tötete und wo ihre Leiche blieb, klärte der Prozess nicht. Doch zahlreiche Spuren belasteten den Mann schwer. Am Abend des Tattags wurde er beobachtet, wie er nur in Unterhose bekleidet bei Nieselregen ein Feuer machte, Zeugen beobachteten eine starke Rauchentwicklung. An einer Hose und in einem Auto des Mannes fanden Ermittler Blutspuren der Frau.

Armbanduhr der 33-Jährigen bei Angeklagtem gefunden

Die Erklärung des mehrfach vorbestraften 74-Jährigen, die junge Frau habe ihm beim Schrott verladen geholfen und sich dabei an der Hand verletzt, hält die Strafkammer für eine Schutzbehauptung. Es gebe keinerlei Zeugen, die diese angebliche Verletzung der Frau beobachtet hätten. Auch Videoaufnahmen widerlegten dies. Vielmehr habe die Frau kurz vor ihrem Verschwinden gegenüber ihrer Familie geäußert, sie habe Angst, der 74-Jährige könnte sie töten. Wenig später war ihr Handy nicht mehr erreichbar.

Ermittler fanden bei dem Angeklagten zudem eine Armbanduhr der 33-Jährigen sowie Sandalen, die sie getragen haben soll. Die Version der Verteidiger des Mannes, die 33-Jährige habe aus der Prostitution aussteigen wollen und sei untergetaucht, verfing bei der Strafkammer nicht. Die Verteidigung hatte einen Freispruch gefordert, der 74-Jährige während des gesamten Prozesses geschwiegen. Die Vorsitzende Richterin sprach dagegen von vagen Behauptungen, für die es keinerlei Anhaltspunkte gebe. 

Gericht: 74-Jähriger wollte Geld zur Seite schaffen 

Die Staatsanwaltschaft hatte den Mann zunächst wegen Mordes angeklagt, war im Zuge des Prozesses aber davon abgerückt. Sie hatte eine Verurteilung zu 14 Jahren und drei Monaten wegen Totschlags beantragt. Auch für die Kammer kam eine Verurteilung wegen Mordes nicht in Betracht, da es für das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe keine ausreichenden Anhaltspunkte gebe.

Zusätzlich zur Freiheitsstrafe ordnete das Gericht einen Vermögensarrest gegen den Angeklagten in Höhe von rund 230.000 Euro an, damit er die Kosten des Verfahrens übernehmen kann. Dazu sah sich das Gericht veranlasst, da der Mann aus der Untersuchungshaft heraus seinen Enkel angewiesen haben soll, Gold und Bargeld zur Seite zu schaffen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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