Vier Jahre Haft für P. Diddy und nun spricht sein bekanntestes Opfer. Sängerin Cassie Ventura hat sich nach der Urteilsverkündung erstmals über ihren Anwalt zu Wort gemeldet.
„Auch wenn nichts das durch Combs verursachte Trauma ungeschehen machen kann, erkennt das heute verhängte Urteil die Auswirkungen der schweren Verbrechen an, die er begangen hat“, ließ Cassies Anwalt Douglas Wigdor am Tag der Strafmaßverkündung gegenüber „Us Weekly“ erklären. „Wir sind zuversichtlich, dass Frau Ventura mit der Unterstützung ihrer Familie und Freunde ihren Heilungsprozess fortsetzen wird – im Wissen, dass ihre Tapferkeit und Standhaftigkeit für so viele eine Inspiration waren“, heißt es weiter.
Sean Combs, wie P. Diddy mit bürgerlichem Namen heißt, war am vergangenen Freitag zu 50 Monaten Haft verurteilt worden. Die Strafmaßverkündung folgte auf seine Verurteilung im Juli nach zwei Anklagen wegen „Förderung von Prostitution“. Von den schwereren Vorwürfen wie Schutzgelderpressung und Menschenhandel wurde einer der einst mächtigsten Männer der Musikindustrie freigesprochen.
2007 bis 2018 mit P. Diddy liiert
Cassie, die von 2007 bis 2018 mit Diddy liiert war, spielte im Prozess eine zentrale Rolle. Vier Tage lang schilderte sie unter Tränen, wie sie während der Beziehung Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt geworden sei. Besonders belastend waren ihre Aussagen über die sogenannten „Freak Offs“, exzessive Sexpartys, bei denen Diddy laut Cassie Escorts anheuern ließ. „Die Freak Offs wurden zu einem Job, bei dem es keinen Raum mehr gab, etwas anderes zu tun, außer sich zu erholen und einfach wieder zu versuchen, sich normal zu fühlen“, sagte sie vor Gericht. Sie berichtete, dass diese Partys zwischen 36 Stunden und vier Tagen gedauert hätten und Sex mit Fremden unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol beinhalteten.
Im November 2023 hatte Cassie bereits eine Zivilklage gegen Combs eingereicht, mit schweren Vorwürfen: Misshandlung, Vergewaltigung, jahrelange Kontrolle. Nur einen Tag später kam es zu einer außergerichtlichen Einigung. Diddy zahlte ihr 20 Millionen Dollar. Doch der Fall ließ sie nicht los. Als CNN ein halbes Jahr später ein Überwachungsvideo veröffentlichte, das Diddy zeigt, wie er Cassie in einem Hotel brutal attackiert, wurde die öffentliche Empörung laut und das Video schließlich Teil des Prozesses.
Cassie bat den Richter vor dem Urteil, dass er „die Wahrheiten berücksichtigt“
Kurz vor der Urteilsverkündung wandte sich Cassie in einem bewegenden Brief direkt an Richter Arun Subramanian. „Wenn ich eines aus dieser Erfahrung gelernt habe, dann, dass Opfer und Überlebende niemals wirklich sicher sind“, schrieb sie. „Auch wenn ich auf Gerechtigkeit und Verantwortung hoffen kann, habe ich gelernt, niemandem zu vertrauen. Ich hoffe, dass Ihre Entscheidung die Wahrheiten berücksichtigt, die die Jury nicht sehen wollte.“
Die Angst bleibt, sagt sie. „Ich habe immer noch regelmäßig Albträume und Flashbacks und benötige weiterhin psychologische Betreuung, um mit meiner Vergangenheit fertigzuwerden“, heißt es weiter in ihrem Brief. „Ich habe meine Familie tatsächlich aus dem Raum New York weggezogen und halte mein Leben so privat und ruhig wie möglich, weil ich so große Angst habe, dass er, wenn er freikommt, sofort Vergeltung an mir und anderen üben wird, die beim Prozess über seinen Missbrauch gesprochen haben. So sehr ich auch in meiner Genesung von seinem Missbrauch vorangekommen bin, ich habe immer noch große Angst vor dem, wozu er fähig ist, und vor der Bosheit, die er mir gegenüber zweifellos empfindet, weil ich den Mut hatte, die Wahrheit zu sagen.“
Appell an die Justiz
Cassie beendete ihren Brief mit einem Appell an die Justiz: „Ich hoffe, dass Ihre Entscheidung bei der Strafzumessung die Stärke widerspiegelt, die die Opfer von Sean Combs aufbringen mussten, um sich zu melden. Ich hoffe, dass Ihre Entscheidung die vielen Leben berücksichtigt, die Sean Combs durch seinen Missbrauch und seine Kontrolle zerstört hat.“
Während das Urteil nun Rechtsgeschichte schreibt, bleibt Cassie selbst still, zumindest öffentlich. Auf ihrem Instagram-Account, auf dem sie sonst Musik, Familie und Mode zeigt, ist bisher kein Wort über den Prozess zu finden.