Neu im Kino: Vom Wrestler zum Oscar-Kandidaten?

Mit dem Drama „The Smashing Machine“ will sich Dwayne „The Rock“ Johnson als seriöser Schauspieler neu erfinden. Im Interview verrät er, wie er mit Oscar-Gerüchten umgeht.

Besonders aufregend wird Kino immer dann, wenn ein Schauspieler nicht mehr nur eine Figur spielt, sondern mit ihr zu verschmelzen scheint. Hollywood-Star Dwayne „The Rock“ Johnson in „The Smashing Machine“ ist so ein Fall. Der frühere Wrestler, der gerade öffentlich seine verletzliche Seite erkundet, spielt in dem Drama eben das: einen Kampfsportler mit psychologischer Tiefe.

Herausgekommen ist ein emotional aufreibender Film mit gelungenen Performances nicht nur von Johnson, sondern auch der an seiner Seite spielenden Emily Blunt. „The Smashing Machine“ gilt vielen bereits als sicherer Kandidat im Oscar-Rennen. 

Verletzungen und andere Strapazen

Hollywood liebt Schauspieler, die sich neu erfinden, für einen Film Grenzen überschreiten und hart an sich arbeiten. Johnson nahm für seine Rolle als Mixed-Martial-Arts-Kämpfer Mark Kerr rund 14 Kilo zu, trainierte sich selbst für seine Verhältnisse überdimensionale Muskeln an und zog sich Verletzungen zu, die bis heute nicht geheilt sind, wie er im Interview sagt – bevor er seinen bläulich verfärbten, geschwollenen Ellenbogen zeigt.

„The Smashing Machine“ handelt vom Leben des heute 56-jährigen US-Amerikaners Kerr, einem Mixed-Martial-Arts-Kämpfer und Ringer, der in den 90er Jahren berühmt wurde. Es geht im Film weniger um seine sportlichen Errungenschaften, mehr um seine emotionalen Kämpfe.

Der Film von Benny Safdie erzählt von drei besonders krisenhaften Jahren im Leben Kerrs zwischen 1997 und 2000. Als gefeierter Sportler hatte er privat mit Leistungsdruck, Opiatsucht und einer toxischen Beziehung zu kämpfen.

Johnsons Neuerfindung als seriöser Schauspieler

Johnson will mit dem Film zeigen, dass er nicht nur Action-Blockbuster und seichte Komödien, sondern auch ernstzunehmende Dramen spielen kann. Begleitet wird das von einer Pressetour, in der Johnson viel über seine Gefühle spricht. Er trägt neuerdings auch eine randlose Brille.

Schauspielerisch gelingt die Neuerfindung. Er porträtiert Kerr als einen Mann, der zwischen Härte und Verletzlichkeit schwankt – mal getrieben von unbändigem Ehrgeiz, mal gezeichnet von Selbstzweifeln und Überforderung. Johnson macht Kerrs innere Kämpfe spürbar: die Sehnsucht nach Anerkennung, die Angst vor dem Scheitern. Und die Drogenabhängigkeit, die ihn immer verzweifelter macht – und langsam seine Beziehung zerstört.

Ein Film wie eine alte Doku 

Ausufernde Streits zwischen Kerr und seiner Partnerin Dawn Staples gehören zum Zentrum des Films. Blunt brilliert in der Darstellung einer Frau, die an der Drogensucht ihres Partners verzweifelt und die Liebe dennoch nicht aufgeben mag.

Regisseur Safdie hat „The Smashing Machine“ wie einen alten Dokumentarfilm inszeniert – und orientiert sich dabei stark an einer tatsächlichen Doku über Kerr, die 2002 erschien. Das Werk von John Hyams habe ihn beeindruckt, sagte Safdie im Interview. „Kerr war dieser unglaubliche Mensch, der so voller Widersprüche war – dieser große Kerl, der zu dieser Zeit der größte und verrückteste Kämpfer auf dem Planeten war. Und gleichzeitig war er so leise, so sanft, so bereit, seine Emotionen und Gefühle zu erforschen, und auch bereit, nicht zu wissen, warum er bestimmte Gefühle hatte.“

„Wir alle wissen, wie es ist, jeden Tag unter Druck zu stehen“

Die Zuschauer erleben diesen Widerspruch auf verschiedenen Ebenen. Die vielen Kampfszenen im Film etwa werden mit luftigen Jazz-Kompositionen gebrochen. Das gehört zu den erzählerischen Ideen, die den Film gelungen machen.

Johnson ist mit Kerr befreundet, wie er erzählt, und hat für den Film mit ihm zusammengearbeitet. „Was mich an Mark Kerr am meisten faszinierte, waren nicht seine Siege oder Niederlagen (…). Es war der Druck, gewinnen zu müssen, der mich an seiner Geschichte faszinierte – und die Fähigkeit oder Unfähigkeit, mit diesem Druck umzugehen“, sagte er auf einer Pressekonferenz.

„Wir wissen nicht, wie es ist, der beste Kämpfer der Welt zu sein“, führte er aus. „Das ist nur wenigen Menschen vorbehalten. Aber wir alle wissen, wie es ist, jeden Tag unter Druck zu stehen, unabhängig davon, was wir tun.“

Johnson: Oscars sind „Höhepunkt unserer Arbeit“

Apropos Erfolgsdruck: Wie geht Johnson selbst eigentlich mit den Oscar-Gerüchten um? „Als ich das zum ersten Mal gehört habe, hat mich das wirklich erschüttert“, sagte er im Interview. „Es ist einfach unglaublich, dafür im Gespräch zu sein (…). Ich denke das Beste, was ich tun kann, ist, mich zurückzuhalten, weiter für den Film zu werben und die Reaktionen der Leute auf den Film zu genießen.“

Ausblenden könne er die Gerüchte nicht, sagte er. „Wie soll man so etwas ignorieren? Das ist der Höhepunkt unserer Arbeit. Aber man sollte sich auch nicht zu sehr daran hängen, denn das könnte auch ein wenig gefährlich sein.“

Dass Johnson das Filmprojekt selbst ins Leben gerufen und Safdie als Regisseur gewonnen hat, zeigt, wie viel ihm an der Geschichte liegt. Ob er dabei insgeheim schon auf eine mögliche Oscar-Nominierung hoffte? Wer weiß. Deutlich wird jedenfalls: Johnson und Kerr scheinen nicht nur ein paar biografische Details zu teilen – sondern auch den Willen, sich immer wieder zu behaupten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert