In Polen werden junge Mädchen in knappen Outfits Opfer einer selbsternannten Sittenpolizei. Fotos und Videos von ihnen landen im Netz, um sie zu beleidigen.
In Polen sorgt ein Trend in den sozialen Medien für Aufruhr und Wut. In gelben Warnwesten mit der Aufschrift „Szon Patrol“ ziehen vor allem junge Männer durch die Innenstädte und fotografieren und filmen junge Frauen, die sich ihrer Meinung nach zu freizügig kleiden. Das Wort „Szon“ ist dabei eine Abkürzung für ein beleidigendes Wort für Prostituierte. Wie der österreichische „Kurier“ berichtet, hätten die selbsternannten Sittenwächter die Kurzform absichtlich gewählt, um Sperren auf Social-Media-Plattformen zu umgehen.
Besonders auf Tiktok und Instagram finden sich Tausende Videos und Fotos von Frauen, die ohne ihr Einverständnis aufgenommen wurden. Die Kommentare triefen vor Misogynie und Beleidigungen. Laut „Kurier“ weigern sich einige Mädchen mittlerweile sogar in die Schule zu gehen, weil sie bei dem Trend gefilmt und bloßgestellt wurden.
Polen: Experten warnen vor Langzeitfolgen
Die selbsternannten Sittenwächter sind dabei gut vernetzt, mittlerweile gibt es für fast jede größere Gemeinde in Polen eigene Accounts, in denen Videos und Fotos von Frauen auftauchen, die sich auch nur ansatzweise knapp kleiden. Der Trend hat mittlerweile so große Ausmaße angenommen, dass sich sogar der polnische Kinderrechts-Ombudsmann eingeschaltet hat und die Plattformen unter Druck setzt, entsprechende Postings zu löschen.
Laut der Kinderrechtsschützerin Kinga Szostko von der KidsAlert-App zeigen sich bei einigen Mädchen und jungen Frauen mittlerweile bereits erste Hinweise auf psychische Schäden durch den Trend, wie der Deutschlandfunk berichtet. Sie und ihr Team hätten bereits über 15.000 Posts löschen lassen.
Rechtlich ist die Situation kompliziert. Zwar ist wie in Deutschland auch in Polen das Filmen und Fotografieren ohne Zustimmung strafbar, allerdings sind offenbar viele der Täter selbst minderjährig. Die Verfolgung etwaiger Straftaten stellt sich daher als schwierig dar.
Aber woher kommt der Trend, Mädchen und Frauen für ihre Outfits bloßzustellen? Offenbar startete die Kampagne in den Sommerferien ursprünglich als Witz. Doch mittlerweile hat sich daraus ein landesweites Phänomen entwickelt. Es fällt in eine Zeit, in der Polens Jugend einen Rechtsruck erlebt. Bei der Präsidentschaftswahl 2025 wählten fast 35 Prozent der 18- bis 29-Jährigen die extrem rechte Partei von Kandidat Sławomir Mentzen, so der Deutschlandfunk. Er steht für ultrakonservative Werte wie ein ausnahmsloses Abtreibungsverbot, die Wiedereinführung der Todesstrafe und die Dekriminalisierung von „leichten Züchtigungen“ bei Kindern.