„Polizeiruf 110“ aus Magdeburg: Jeremy, 17 Jahre, Amokläufer: Wenn Schüler zu Mördern werden

„Polizeiruf 110“-Kommissarin Doreen Brasch erwartet ein emotionaler Einsatz: Ein Schüler läuft Amok, tötet mehrere Menschen und nimmt in einem Klassenraum Geiseln.

4 von 5 PunktenBewegender Film über den Amoklauf an einer Schule

Worum geht’s in diesem „Polizeiruf 110“?

Mit zwei Pistolen bewaffnet betritt der 17-jährige Jeremy (Mikke Rasch) seine Schule und läuft zielgerichtet in ein Zimmer. Es fallen zwei Schüsse. Ohne ein Wort zu sagen, erschießt der Schüler den Direktor und seine Stellvertreterin. Seine Taten filmt der Teenager mit einer Go-Pro-Kamera, die alles live auf eine Gaming-Plattform überträgt. „Du kannst es tausendmal üben, aber die Realität ist viel krasser. Mir ist schlecht“, sagt Jeremy.

Die beiden Lehrer bleiben nicht die einzigen Opfer: Jeremy läuft von Raum zu Raum und tötet weitere Menschen. Schließlich verschanzt er sich in einem Klassenzimmer und nimmt die Schülerinnen und Schüler als Geiseln.

Vor dem Gebäude trifft ein Großaufgebot der Polizei ein, zu dem auch Kommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und ihr Kollege Uwe Lemp (Felix Vortler) gehören. Sie versuchen Kontakt zu Jeremy aufzunehmen, um weitere Morde zu verhindern und mehr über das Motiv des Schülers zu erfahren. Denn Jeremy scheint einen Komplizen zu haben, der ihm über dessen Handy Anweisungen gibt.

Warum lohnt sich der Fall „Sie sind unter uns“?

Es ist wohl der Albtraum aller Eltern: In der Schule des eigenen Kindes findet ein Amoklauf statt. Der Krimi (Drehbuch: Jan Braren, Regie: Esther Bialas) zeichnet die Tat aus der Sicht des Täters nach, ohne dabei reißerisch zu sein. Vielmehr ist es eine sensible Annäherung an den Teenager, der zahlreiche Probleme hat. In der Schule kommt er mit dem Stoff nicht hinterher, zu Hause muss er seine an MS erkrankte Mutter pflegen. Der Vater hat die Familie verlassen und mit einer neuen Frau weitere Kinder bekommen. Richtige Freunde hat Jeremy nicht, er verbringt seine Freizeit am Computer – in seinem Kinderzimmer im Keller.

„Mir war wichtig, Jeremy nicht nur als Täter zu sehen, sondern auch als Mensch, der irgendwo auf dem Weg verloren ging“, sagt Regisseurin Esther Bialas. Das ist ihr gelungen. Das Schicksal des Jungen lässt einen nicht kalt – auch wenn das seine Taten in keiner Weise rechtfertigt.

Gedreht wurde in einem echten Schulgebäude, zum Teil bei laufendem Schulbetrieb, mit echten Lehrkräften und Schülern. Das macht den Krimi noch authentischer. Spannung entsteht auch über Details wie Geräusche: das Knallen von Türen, das Quietschen von Rollläden, das schwere Atmen der Geiseln. Es ist ein stiller Film, der trotzdem – oder gerade deswegen – eine große Wucht entfaltet.

Was stört?

Kommissarin Brasch ist für ihre Alleingänge bekannt. Dass sie als einzige Polizistin das Gebäude mit 900 Schülerinnen und Schülerin betritt und sich dem bewaffneten Amokläufer stellt, ist trotzdem unrealistisch. Zwischendurch driftet der Film in krude Verschwörungstheorien ab, um Jeremys Handeln zu erklären. Das hätte es gar nicht gebraucht, die Geschichte des Jungen ist auch so stark genug.

Die Kommissare?

In diesem Film ist kein Platz für die privaten Befindlichkeiten der Ermittler. Doreen Brasch und ihr Vorgesetzter Lemp machen einfach nur ihren Job. Emotional wird es in einem kurzen Moment, als Brasch sich an ihren verstorbenen Kollegen Günther Marquez erinnert. Verkörpert wurde er von Schauspieler Pablo Grant, der 2024 im Alter von nur 26 Jahren gestorben ist.

Ein- oder ausschalten?

Es ist ein Film, der lange nachwirkt. Klare Empfehlung zum Einschalten!

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