Landtagspräsident Hering äußert sich vor der OB-Wahl in Ludwigshafen zum Ausschluss des AfD-Kandidaten Paul. Dabei kann sich der Jurist auf eine Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes stützen.
Der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering hat darauf hingewiesen, dass Oberbürgermeister, Landräte und Bürgermeister Beamte sind – und deshalb vor ihrer Wahl zwingend auf ihre Verfassungstreue überprüft werden müssen. „Nicht nur, ob sie 18 Jahre alt und deutsche Staatsbürger sind, muss geprüft werden, sondern auch, ob sie die Eignung als Beamter erfüllen und verfassungstreu sind“, sagte Hering der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
Hering: Parteien-Verbot ist etwas anderes
„Ein Parteien-Verbot ist eine ganz andere Stufe“, erläuterte Hering. „Bei Beamten – und gleichermaßen bei kommunalen Wahlbeamten – sind schärfere Kriterien anzuwenden, weil sie Teile der Verwaltung sind und auch hoheitliche Eingriffe vornehmen können“, betonte der Jurist.
„Es darf gar kein Zweifel daran bestehen, dass sie sich jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung einsetzen.“ Denn: „Sie stehen den kommunalen Räten vor, aber sie stehen eben auch der Verwaltung vor, sind Teil der vollziehenden Gewalt.“
Entscheidung des Wahlausschusses und die Folgen
Der Wahlausschuss der Stadt Ludwigshafen hatte beschlossen, den AfD-Kandidaten Joachim Paul wegen Zweifeln an seiner Verfassungstreue nicht zur Oberbürgermeisterwahl am kommenden Sonntag zuzulassen. Dagegen hatte er sich juristisch gewehrt – ohne Erfolg.
Pauls Ausschluss hatte in sozialen Medien zugleich eine Reihe von Anfeindungen gegen Mitglieder des Wahlausschusses ausgelöst. Die Polizei ermittelt.
Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hatte in zweiter Instanz festgestellt, „hinreichende Zweifel“ an Paul könnten unter anderem daraus abgeleitet werden, dass er „wiederholt die Verbreitung von sogenannten Remigrationsplänen zumindest unterstützt“ habe, die nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Einklang stünden.
Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde Pauls nicht zur Entscheidung an und erklärte sie für unzulässig. Und auch vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz blieb eine Beschwerde erfolglos. Das Gericht verwies unter anderem auf ein mögliches Wahlprüfungsverfahren, das nach der Wahl möglich sei.
Hering: Wahlausschuss muss Verfassungstreue überprüfen
Die gesetzliche Verpflichtung für die Überprüfung der Verfassungstreue der Kandidaten falle dem Wahlausschuss zu, sagte Hering. Das Gremium tage öffentlich und treffe dann eine Entscheidung. „Das ist ein transparentes Verfahren.“
Hering kann sich bei seiner Einschätzung auf den wissenschaftlichen Dienst des Landtags stützen. Dieser hat die rechtlichen Grundlagen zu dem Thema auf 19 Seiten herausgearbeitet und verfassungsrechtlich eingeordnet.
Der Wähler kann die Verfassungstreue nicht überprüfen
„Es kann nicht die Aufgabe des Wählers sein, zu überprüfen, ist der Kandidat jetzt verfassungstreu oder nicht. Dies ist Aufgabe des zuständigen Wahlausschusses, der im Übrigen auch die Aufsichtsbehörde und deren Fachkompetenz heranziehen kann“, erläuterte Hering. Es gebe einen berechtigten Anspruch, dass das vor der Wahl geklärt sei, „sonst nimmt die Demokratie enormen Schaden“.
Verwaltung kann nicht ihren neuen Chef überprüfen
Es könne auch nicht sein, dass die Verwaltung erst nach der Wahl den Kandidaten darauf überprüfe, ob er verfassungstreu und überhaupt wählbar gewesen sei. Die Beurteilung des Wahlausschusses könne gerichtlich nach der Wahl überprüft werden. „Da ist niemand einem Verfahren ausgeliefert, dass er nicht unabhängig überprüfen lassen kann“, erklärte Hering.
Demokratie braucht verfassungstreuen öffentlichen Dienst
„Eine Demokratie funktioniert nur dann, wenn wir einen öffentlichen Dienst haben, der verfassungstreu ist“, betonte Hering. „Die Landesverfassung fordert uns auf, eine wehrhafte Demokratie zu sein“, sagte der Landtagspräsident.
„Wenn wir es mit wehrhafter Demokratie ernst meinen, dann muss man auch die Haltung haben und die Instrumente verantwortungsvoll einsetzen und nutzen.“ Es dürfe nicht gezaudert werden. „Jeder ist dazu an seiner Stelle verpflichtet.“