Jerry Greenfield zieht sich aus Ben & Jerry’s zurück. Ein Konflikt über die politische Haltung und soziale Mission des Eiscreme-Unternehmens eskalierte vor Börsengang.
Im Streit mit dem britischen Mutterkonzern Unilever und im Vorfeld des geplanten Börsengangs der Eissparte hat Ben & Jerry’s-Mitbegründer Jerry Greenfield das Unternehmen verlassen.
Das in Vermont ansässige Unternehmen habe seine Unabhängigkeit verloren, seit Unilever dessen soziales Engagement eingeschränkt habe, hieß es in einem offenen Brief von Greenfield, den sein Partner Ben Cohen am Mittwoch auf der Social-Media-Plattform X teilte.
Greenfield schreibt, er könne „nicht länger guten Gewissens“ für ein Unternehmen arbeiten, das von Unilever „zum Schweigen gebracht“ worden sei. Dies sei trotz einer Vereinbarung geschehen, die die soziale Mission der Marke schützen sollte. „Diese Unabhängigkeit bestand nicht zuletzt aufgrund der einzigartigen Fusionsvereinbarung, die Ben und ich mit Unilever ausgehandelt haben“, hieß es weiter.
Ben & Jerry’s politische Haltung sorgt für Konflikte
Ein Sprecher von Unilever erklärte, man sei mit Greenfields Sichtweise nicht einverstanden. Der Konzern habe versucht, beide Mitgründer in ein konstruktives Gespräch darüber einzubinden, wie die wertebasierte Position von Ben & Jerry’s in der Welt gestärkt werden könne.
Hintergrund ist ein seit Jahren schwelender Konflikt über die dezidiert politische Haltung der für ihre teils ausgefallenen Sorten bekannten US-Eiscrememarke. So hatte der „Chubby Hubby“-Hersteller 2021 angekündigt, den Verkauf im von Israel besetzten Westjordanland einzustellen. Die Marke hat seitdem ihren Mutterkonzern wegen angeblicher Versuche, sie zum Schweigen zu bringen, verklagt. Zudem bezeichnete sie den Gaza-Konflikt als „Völkermord“, eine für ein großes US-Unternehmen seltene Haltung.
So wurde Ben Cohen im Mai bei einer Protestaktion gegen den Gaza-Krieg im US-Kongress festgenommen. Der 74-Jährige hatte zusammen mit anderen eine Sitzung mit Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. unterbrochen und gerufen: „Der Kongress zahlt für Bomben, um Kinder in Gaza zu töten“, wie auf einem von der „New York Times“ veröffentlichten Video zu sehen und zu hören ist. Cohen und Greenfield sind Juden und hatten nach Angaben der „New York Times“ bereits mehrfach Israels Politik kritisiert.
Unilever plant den Börsengang seiner Eissparte für eine strategische Neuausrichtung
Vergangene Woche hatte Cohen gesagt, die Marke habe angesichts der Spannungen mit Unilever versucht, einen Verkauf an Investoren zu einem Marktwert zwischen 1,5 und 2,5 Milliarden Dollar zu arrangieren. Der Vorschlag sei jedoch abgelehnt worden.
Der Börsengang der Unilever-Eissparte ist Teil der Strategie von Konzernchef Fernando Fernandez, den Konsumgüterriesen neu auszurichten. Die neue Gesellschaft soll unter dem Namen Magnum Ice Cream Company firmieren und Mitte November an die Börse gebracht werden.