Tafeln in Not: Tafel-Regale weniger gefüllt – Hilfsbedarf weiter hoch

Viele Tafeln in Mecklenburg-Vorpommern kämpfen mit knapperen Lebensmittelspenden und steigendem Bedarf. An einigen Standorten gibt es bereits Aufnahmestopps für neue Kunden.

Die Hilfsangebote der Tafeln und die Nachfrage der Bedürftigen klaffen in Mecklenburg-Vorpommern immer weiter auseinander. Zwar sei die Bereitschaft, mit Geld- oder Lebensmittelspenden zu helfen, weiterhin zu spüren, doch seien offenkundig die Möglichkeiten geringer geworden. „Viele können es einfach nicht mehr, weil auch in der Familie oder im Unternehmen der Kostendruck inzwischen so hoch ist“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes der Tafeln in Mecklenburg-Vorpommern, Christian Barsig. 

Er ist für die Schweriner Tafel tätig, die seit nunmehr 30 Jahren bedürftigen Menschen mit Lebensmitteltüten und zum Teil auch preiswertem Mittagessen hilft. Neben den beiden Ausgabestellen, der Kindertafel und der Suppenküche in der Landeshauptstadt unterhält sie Außenstellen in zehn weiteren Orten Westmecklenburgs

Auch für die Tafeln hätten sich die Kosten für Fahrzeuge und Miete erhöht. Es sei zudem schwierig, neue Helfer zu finden, insbesondere Fahrer, da auch Transportunternehmen Personal suchten. „Sobald einer einen B-Führerschein hat, ist er so gut wie weg vom Markt“, berichtete Barsig.

Supermärkte planen besser

Wichtigste Aufgabe der Tafeln sei weiterhin, Lebensmittelspenden aus Supermärkten oder Backfilialen weiterzugeben. Doch auch da würden die Spielräume enger. „Es fällt nicht mehr so viel an, wohl auch, weil mit Hilfe der KI das Warenmanagement immer effektiver auf das Kaufverhalten abgestimmt wird“, erklärte Barsig. 

Mit Sonderaktionen für Lebensmittel kurz vor dem Ablaufen des Mindesthaltbarkeitsdatums gelangten diese Waren oft noch in den Verkauf. „Die „Rette-mich-Tüten“ sind im Prinzip ja auch gut, aber es hat für die Tafeln Folgen. Für sie bleibt weniger“, stellte der Verbandschef fest. Nach seinen Angaben fährt der Schweriner Tafelverein mit seinen Fahrzeugen jede Woche mehr als 100 Supermärkte in der Region ab, um nicht verkaufte Lebensmittel abzuholen, vor allem Obst und Gemüse, aber auch abgepackte Waren.

Aufnahmestopp für Neukunden der Tafeln

Hinzu kämen die sogenannten Bäckertouren, bei denen zum Wochenende hin nicht verkaufte Backwaren eingesammelt würden. Doch auch da seien die Mengen rückläufig. Diese Entwicklungen hätten dazu geführt, dass an Standorten wie in der Schweriner Plattenbau-Siedlung Großer Dreesch ein Aufnahmestopp für Tafelkunden habe ausgesprochen werden müssen. 

Das sei auch bei anderen Tafeln im Land inzwischen der Fall. „Der Bedarf ist spürbar gewachsen. Einst als Unterstützung bedürftiger Rentner ins Leben gerufen, kommen heute Familien, Kinder und auch viele Migranten zu uns“, sagte der Tafel-Landeschef. Schätzungsweise 40.000 von Armut betroffene Menschen würden die Tafeln im Land mit geretteten Lebensmitteln versorgen.

Ein Nachteil für die insgesamt 27 Tafelvereine in Mecklenburg-Vorpommern sei, dass im Land kaum große Lebensmittelproduzenten oder Großhändler mit ihren Lagern ansässig seien. Deshalb werde nun ein Pilotprojekt gestartet, bei dem Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen eines bundesweiten Ausgleichs auch Waren aus anderen Bundesländern erhalte. „Ein großes Logistikunternehmen wurde als Partner schon gewonnen. Von einem solchen Austausch würden wir profitieren“, zeigte sich Barsig überzeugt. 

Bundesweit gibt es etwa 970 Tafeln, die nach Angaben des Dachverbandes Tafel Deutschland etwa 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln unterstützen. Die Tafeln erhalten Lebensmittelspenden von Supermärkten, Discountern oder Großbäckereien – und geben sie kostenlos oder gegen einen symbolischen Beitrag an Menschen, die von Armut betroffen sind, weiter. Bundesweit gibt es rund 2.000 Ausgabestellen, mehr als 100 davon in MV. 94 Prozent der Mitarbeiter machen das im Ehrenamt.

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