Neuauszählung der Bundestagswahl: Wagenknecht schreibt Brandbrief an Klöckner

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht wirft dem Bundestag Verschleppung vor. Sie drängt auf eine Entscheidung über die Neuauszählung der Bundestagswahl – und droht mit Karlsruhe.

Sahra Wagenknecht kämpft mit allen Mitteln dafür, dass die Bundestagswahl neu ausgezählt wird. Jetzt hat sich die BSW-Vorsitzende gemeinsam mit ihrer Co-Chefin Amira Mohamed Ali erstmals direkt an Bundestagspräsidentin Julia Klöckner gewandt. Ihre Forderung: Die CDU-Parlamentschefin solle dafür sorgen, dass der Wahlprüfungsausschuss rasch über die Forderung der Partei entscheidet. 

In dem Schreiben, das dem stern vorliegt, äußern die beiden Parteichefinnen „große Sorge über den Umgang des Deutschen Bundestags mit dem Wahleinspruch“. Das BSW habe ausführlich begründet, wieso eine Neuauszählung der Bundestagswahl „verfassungsrechtlich zwingend“ sei.

Wagenknecht und Mohamed Ali werfen dem Parlament vor, gezielt auf Zeit zu spielen: „Das Hinauszögern einer Entscheidung über unseren Wahleinspruch lässt große Zweifel darüber aufkommen, ob der Wahlprüfungsausschuss und damit auch der Deutsche Bundestag seine Verpflichtungen ernst nimmt.“

Bundesverfassungsgericht forderte „angemessene Frist“

Das BSW hatte bei der Bundestagswahl am 23. Februar den Einzug nur knapp verpasst. Der Partei fehlten etwa 9500 Stimmen, um über die Fünf-Prozent-Hürde zu gelangen. Allerdings hat der zuständige Wahlprüfungsausschuss des Bundestages noch nicht über die Einsprüche befunden. Erst danach – und einer finalen Entscheidung des gesamten Parlaments – kann die Partei gegebenenfalls vor dem Bundesverfassungsgericht in der Sache klagen.

Doch wann es so weit ist, erscheint nicht absehbar. Der Ausschussvorsitzende Macit Karaahmetoğlu (SPD) hatte zuletzt auf Anfrage des stern erklärt, „keinen konkreten Zeitpunkt der Beschlussfassung“ nennen zu können. Derzeit werde geprüft, ob weitere Informationen beziehungsweise Verfahrensschritte nötig seien.

Die BSW-Spitze will das nicht hinnehmen und fordert Klöckner auf, „als Präsidentin des Deutschen Bundestags sicherzustellen, dass das Parlament den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht“ werde. Wagenknecht und Mohamed Ali verwiesen dabei auf einen Beschluss des 2. Senats vom 13. August. Darin heißt es: „Es besteht ein öffentliches Interesse an der raschen und verbindlichen Klärung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Parlaments.“ Und: „Der Deutsche Bundestag hat über Wahleinsprüche binnen angemessener Frist zu entscheiden.“

Sahra Wagenknecht warnt vor „weiterer Verschleppung“

Was genau „angemessen“ in diesem Zusammenhang bedeutet, ließ Karlsruhe offen. Trotzdem warnen die Parteichefinnen vor einer „weiteren Verschleppung“ der Entscheidung. Klöckner müsse Auskunft geben: „Sollte das Verfahren weiter hinausgezögert werden, sehen wir uns gezwungen, das Bundesverfassungsgericht wegen des dann offenkundigen Verstoßes des Bundestags gegen die von dem Verfassungsgericht aufgestellten Anforderungen an die Wahlprüfung erneut anzurufen.“

Eine Neuauszählung könnte die Bundesregierung ihrer parlamentarischen Basis berauben. Zöge das BSW in den Bundestag nachträglich ein, stünden der Fraktion mehr als 30 Mandate zu – die wiederum von Union, AfD, SPD, Grünen und Linken abzugeben wären. Im Ergebnis verlöre die Koalition von Union und SPD ihre Mehrheit im Bundestag. AfD und BSW verfügten über mehr als ein Viertel der Sitze und könnten gemeinsam Untersuchungsausschüsse einsetzen.

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