NRW ist in eine Altschulden-Lösung eingestiegen, und es gibt Milliarden-Investitionen in die Infrastruktur. Warum die NRW-Kommunen trotzdem keine Trendwende sehen, zeigt eine neue Umfrage.
Gut Dreiviertel der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen schätzen ihre Haushalts- und Finanzsituation in den kommenden fünf Jahren als mangelhaft ein. Das geht aus der jüngsten Umfrage des Städtetags sowie des Städte- und Gemeindebunds unter allen 396 Städten und Gemeinden des Landes hervor.
„Haushaltsdefizite sind das neue Normal“, fassten die Spitzen der beiden Landesverbände, Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und Bürgermeister Christoph Landscheidt (beide SPD) aus Kamp-Lintfort, die Ergebnisse zusammen. Eine Trendwende sei nicht in Sicht. „Wir können es nicht mehr anders sagen: Die Finanzlage der Städte und Gemeinden in NRW ist katastrophal – und zwar flächendeckend.“
Ausgeglichener Haushalt hat Seltenheitswert
Fast keine Stadt oder Gemeinde habe in diesem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, in dem die Einnahmen die Ausgaben decken. Stattdessen verschlechtere sich die finanzielle Lage der Städte und Gemeinden weiter. Zwar seien die Altschuldenlösung und das Sondervermögen für die Infrastruktur kleine Lichtblicke, die strukturelle und chronische Unterfinanzierung der kommunalen Haushalte sei so aber nicht zu beheben.
„Alle unsere Anstrengungen der letzten Jahre, unsere Haushalte zu konsolidieren, werden gerade von steigenden Ausnahmen zunichtegemacht“, beklagten die Verbandschefs. In der Umfrage gaben nur noch zehn Kommunen an, in diesem Jahr einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu haben.
Sozialausgaben explodieren
„Auf die steigenden Ausgaben haben die Kommunen aber praktisch keinen Einfluss“, stellten die Verbände fest. Allein die Sozialausgaben, die die Kommunen wegen Bundesgesetzen leisten müssten, hätten sich seit 2009 mehr als verdoppelt und stiegen inzwischen jährlich im zweistelligen Prozentbereich.
Zusätzliche Aufgaben für die Städte und Gemeinden wie der Ganztag für Grundschulkinder oder die Digitalisierung an Schulen seien völlig unterfinanziert. Auch weiter steigende Kosten in der Kita-Landschaft könnten die Kommunen aus eigener Kraft nicht mehr stemmen.
Tatsächlich steige die Aufnahme der Kassenkredite für kurzfristige Liquiditätsengpässe gerade wieder und es droheso gar eine Rekordverschuldung. „Die Kommunen in NRW brauchen dauerhaft deutlich mehr Mittel, nicht nur einzelne Programme zur Entschuldung oder für Investitionen, sonst rutschen wir immer weiter ins Minus“, forderten die Verbände. Dazu gehöre die Erhöhung des kommunalen Anteils aus dem Steuertopf.