Wieso der royale Nachmittagstee beim englischen Königspaar oft im Familienchaos endet und in welchem Wettbewerb sich die beiden nichts schenken: Camillas Sohn, Tom Parker Bowles, verrät es dem stern.
Wenn König Charles von den faszinierenden Aromen alter Apfelsorten schwärmt, hört sein Stiefsohn Tom aufmerksam zu. Interessiert sich der leidenschaftliche Hobbykoch und Restaurantkritiker doch ebenfalls sehr für seltene alte Obst- und Gemüsesorten. Und seine Kinder Lola und Frederick, der bei der Krönung 2023 gemeinsam mit Prinz George die Schleppe des Monarchen tragen durfte, sind auch große Fans von ihrem Stiefgroßvater. Sie kennen ihn seit ihrer Kindheit, nannten ihn damals liebevoll „Uppa„, wenn er und ihre Großmutter „Gaga“ (Camilla) ihnen damals mit verteilten Sprechrollen Kinderbücher vorlasen.
Sie teilen nicht nur die Leidenschaft fürs Essen: Tom Parker Bowles und seine Mutter Camilla beim Pferderennen.
© Joe Giddens
Royal Family Time beim Tee
Am liebsten kommt die königliche Patchwork-Familie samt Hunden dort zusammen, wo sich auch bürgerliche Briten am wohlsten fühlen: im Wohnzimmer, nachmittags um fünf Uhr, bei edlem Tee, Sandwiches und Schokotorte.
Das Ritual des „Five o’clocktea“ war schon der verstorbenen Queen heilig, und diese Tradition hält auch Nachfolger Charles hoch. Allerdings unter merklich gelockerten Auflagen, wie Tom Parker Bowles zu berichten weiß: Königin Camilla schenkt den Tee aus der silbernen Kanne persönlich ein, der König plaudert ungezwungen mit seinen Gästen, und alle greifen einfach selbst zu bei den Köstlichkeiten, ohne Lakai hinter jedem Stuhl.
Parker Bowles selbst gibt zu, dass er oft nicht widerstehen könne, unhöflich viel zu essen. Seine besondere Leidenschaft gelte den besonders feinen Gurkensandwiches aus der königlichen Küche. Dabei bleibe alles erstaunlich entspannt während dieser Besuche: „Ich glaube, der König ist es inzwischen gewohnt, dass wir alle lockerer auftreten und uns lässiger kleiden als er und seine Verwandten – nur musste ich mich daran gewöhnen, in seiner Gegenwart immer ein gebügeltes Hemd zu tragen, kein T-Shirt, sonst fängt man sich einen strengen Blick ein.“
Kochende Königin Camilla
Die Königin, so erlebt es ihr Sohn, ist und bleibt im Familienkreis die bodenständige Gastgeberin. Und eine gute Köchin, die einst Rührei mit Lachs oder britische Spezialitäten wie Shepherd’sPie auf den Tisch brachte, als sie in erster Ehe noch Offiziersgattin und Hausfrau war. Diese Kindheitserfahrungen waren es, die den jungen Tom nach Abschluss seiner Ausbildung in Eton und Oxford vor über 25 Jahren dazu inspirierten, Foodjournalist zu werden. Bis heute hat er acht Kochbücher herausgebracht. In seinem gerade auf Deutsch erschienenen Buch „Zu Tisch bei den Royals“ gibt er in zahlreichen Anekdoten exklusive Einblicke in die kulinarischen Vorlieben der Windsors und präsentiert Lieblingsrezepte britischer Monarchen von Queen Victoria bis heute.
Zu Tisch bei den Royals – Palastküche von Queen Victoria bis König Charles III.“ ist im Dorling Kindersley Verlag erschienen
Seine Mutter greife immer noch gerne selbst zum Kochlöffel, meist dann, wenn ihre Lieben in ihrem privaten Refugium Ray Mill House in Wiltshire zu Besuch sind, verrät Tom Parker Bowles. Sie freue sich wie alle Großmütter, wenn die Enkel freudig die Teller leerfuttern würden. Trotz ihres inzwischen königlichen Ranges liebe sie die einfachen Gerichte nach wie vor am liebsten: Gemüsesuppe, gefüllte Backkartoffeln, Brathähnchen, dazu ein gutes Glas Wein, dann sei Camilla zufrieden.
Charles, der Food-Hero
Ähnlich halte es der König: Im Alltag äße er nahezu asketisch. Zum Frühstück gebe es Tee, Trockenfrüchte und etwas Toast mit eigenem Honig von seinem Landgut Highgrove. Mittags folge meist nichts oder höchstens ein Avocado-Salat, und abends, wenn er mit Camilla oder mit Freunden speise, vielleicht Suppe und ein leichter Fisch- oder Fleischgang, oft selbst geschossenes Wild. Alkohol trinke er mäßig, nur auf einen Martini vor dem Abendessen lege er Wert, so lernt man im Buch.
Dafür neigt der Monarch bei Ausführungen zu den Themen Landwirtschaft und Gartenanbau so gar nicht zur Zurückhaltung. Wer ihn gut kennt, so wie Tom Parker Bowles, kann immer wieder erleben, wie fachkundig Charles über Nutztierhaltung, Bienenzucht oder nachhaltige Anbaumethoden diskutiert, so der Autor. Deswegen nenne er ihn auch gerne seinen „Food-Hero“: „Er kennt jede Obst- und Gemüsesorte, die es je im Königreich gab, hat sogar selbst schon alte Sorten vor dem Aussterben bewahrt. Als vor Jahren die ‚Nationale Obstsortensammlung Brogdale‘ in Kent aus Geldmangel aufgelöst werden sollte, hat er die Finanzierung übernommen.“
Konkurrenz beim Königspaar
Für ein Gericht, das ebenfalls im Buch beschrieben wird, teilen Charles und Camilla eine ganz besondere Vorliebe: Tagliatelle mit frischen Waldpilzen. Beide gehen gern zur Entspannung in Schottland auf Pilzsuche. Dabei soll es schon regelrechte Wettbewerbe gegeben haben, in denen Charles und Camilla darauf bedacht waren, ihre ergiebigsten Fundstellen für Steinpilze oder Pfifferlinge für sich zu behalten, bloß um hinterher zu vergleichen, wer mehr und größere Exemplare gefunden hat.
Und wenn dann abends beim Familiendinner die köstlich-frische Pilz-Pasta auf den Tisch komme, seien alle Anwesenden froh, dass heutzutage nur noch beim Staatsbankett die alte royale Regel gelte, dass alle Anwesenden sofort aufhören müssen zu essen, wenn der König fertig ist.