Früher waren sie zur Zucht in Pelzfarmen eingesperrt. Inzwischen breiten sich Nutrias in freier Wildbahn rasant aus. Laut Jagdverband ist das nicht nur für den Hochwasserschutz gefährlich.
Vielerorts in Deutschland ist die Zahl der Nutrias zuletzt rasant gestiegen. „Die invasive Art kam 2023 in über einem Drittel (35 Prozent) der teilnehmenden Jagdreviere vor, eine Verdopplung gegenüber 2015“, teilte der Deutsche Jagdverband (DJV) mit. Neuere Zahlen gibt es aktuell nicht, weil die Daten nicht jedes Jahr abgefragt werden.
In Mecklenburg-Vorpommern hatten laut Auswertung des Verbands 14 Prozent der Reviere Vorkommen gemeldet. Während vor rund zehn Jahren noch 143 der südamerikanischen Nagetiere im Land erlegt wurden, waren es im ersten Halbjahr 2025 sowie im vergangenen Jahr bisher 4.037 Tiere, sagte eine Sprecherin des Schweriner Umweltministeriums der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
23.000 Jagdreviere ausgewertet
Grundlage der Jagdverband-Auswertung sind Daten von bundesweit mehr als 23.000 Jagdrevieren aus dem Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands (WILD). Es ist laut Jagdverband das bundesweit größte Monitoringprogramm der Jägerschaft, unter anderem für zahlreiche Säugetiere.
In der Tieflandregion Norddeutschlands gab es demnach 2023 anteilig die meisten gemeldeten Nutria-Vorkommen: Nordrhein-Westfalen liegt mit 60 Prozent vorn, gefolgt von Niedersachsen (55 Prozent) und Sachsen-Anhalt (50 Prozent).
Von 2015 bis 2023 ist die Zahl der gemeldeten Vorkommen vor allem in zwei Bundesländern als Hotspot stark gestiegen: „In Niedersachsen um das 2,5-fache und in Nordrhein-Westfalen um das 2-fache“, teilte der Jagdverband mit. Die großen Fließgewässer Rhein, Ems, Weser und Elbe sowie deren Nebenarme bieten den Tieren demnach ideale Lebensgrundlagen. Massive Zuwächse hatte es zuletzt laut Verband in den Stadtstaaten Bremen (93 Prozent der Reviere hatten hier 2023 Nutria gemeldet) und Hamburg (74 Prozent) gegeben.
Negative Folgen für den Hochwasser- und Artenschutz
Die Nager untergraben Deiche, mit negativen Folgen für den Hochwasserschutz Bei Schilf und Röhricht nagen und graben die Tiere an Wurzeln und Rhizomen, „dadurch vernichten sie die Pflanze komplett“, sagt der DJV-Sprecher. Hinzu komme ihre schnelle Vermehrung.
„Das heißt, sie sind in der Lage, innerhalb relativ kurzer Zeit ganze Schilfgürtel an Flüssen zu vernichten.“ Dadurch verändere sich zum einen die Fließgeschwindigkeit des Gewässers, aber auch die Artenvielfalt leide und werde bedroht, da zahlreiche Arten vom sowie im Röhricht leben. „Schilfgürtel bieten Schutz und sind eine Kinderstube für viele Tiere, wie Insektenarten, Amphibien, Fische, Kaulquappen und Vögel“, sagt der Biologe. Am Niederrhein habe die Nutria laut DJV innerhalb von wenigen Jahren über 90 Prozent des Schilfs vernichtet.
Nutrias werden in den meisten Bundesländern gejagt
In den meisten Bundesländern hat die Nutria laut Verband mittlerweile eine Jagdzeit oder es gibt besondere Genehmigungen für eine Entnahme. Für die Saison 2023 und 2024 weist die Jagdstatistik demnach fast 117.500 Tiere aus – „ein neuer Rekord“.
„Fast drei Viertel der Nutrias kamen zusammen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zur Strecke“, teilte der DJV mit. Nahezu jedes zweite Tier aus der Jagdstatistik wird mit der Falle gefangen. In Bremen liegt der Wert sogar bei knapp zwei Dritteln und in Niedersachsen bei über der Hälfte.
In den meisten Bundesländern ist die Nutria in die jeweiligen Landesjagdgesetze aufgenommen worden. Der Deutsche Jagdverband (DJV) fordert die Aufnahme der Nutria ins Bundesjagdgesetz sowie ein Bekenntnis der Politik zur Fangjagd. Die Art steht auf der Liste der gebietsfremden invasiven Arten Europas.