Auf X hat J. K. Rowling auf Aussagen von „Harry Potter“-Star Emma Watson reagiert. Das Zerwürfnis der beiden Frauen entstand vor Jahren – und eskaliert jetzt.
„Harry Potter“ hat nicht nur Millionen Kinder und Erwachsene begleitet und berührt, sondern auch zahlreiche Filmstars erst zu denen gemacht, die sie heute sind. Die Hauptdarsteller der Filme, Daniel Radcliffe, Emma Watson und Rupert Grint, sind inzwischen steinreich und weltberühmt. Doch mit der Erschafferin der magischen Welt des Zauberlehrlings sind sie sich nicht mehr grün.
J. K. Rowling und Emma Watson: Streit eskaliert
Grund ist Joanne K. Rowlings Haltung in der Trans-Debatte und ihre Aussagen diesbezüglich in den vergangenen Jahren. Die Autorin wird von vielen als „TERF“ bezeichnet, als „Trans-Exclusionary Radical Feminist“ – eine Feministin, die Transfrauen ausschließt. Der Begriff ist in der Gender-Debatte allgegenwärtig. Das Wort Gender dient dazu, zwischen dem biologischen Geschlecht (sex) und dem sozialen Geschlecht (gender) unterscheiden zu können. Immer wieder nutzt Rowling ihre Plattformen – hauptsächlich X, vormals Twitter –, um sich gegen geteilte öffentliche Räume auszusprechen. Auch Transfrauen, die in einem Frauengefängnis untergebracht werden, sind für Rowling inakzeptabel.
Nun wurde Emma Watson erneut auf Rowling angesprochen und reagierte im Podcast von Moderator Jay Shetty versöhnlich. „Ich glaube wirklich nicht, dass die Erfahrungen, die ich gemacht habe, die Liebe, die Unterstützung und die Ansichten, die ich habe, bedeuten, dass ich Jo (…) nicht schätzen könnte“, erklärte sie etwas umständlich. Rowling reagierte und sagte, Watsons Aussage sei „eine Kehrtwende, die sie vermutlich vollzogen hat, weil sie bemerkt hat, dass eine lautstarke Verurteilung meiner Person nicht mehr ganz so angesagt ist wie früher“.
Außerdem erläuterte sie, dass sie im Vergleich zu Watson in Armut aufgewachsen sei und „Harry Potter“ geschrieben habe, als sie kaum über finanzielle Mittel verfügt habe. Watson hingegen sei so privilegiert aufgewachsen, dass sie manche Standpunkte nie würde verstehen können.
„Harry Potter“-Stars bezogen immer wieder Stellung
Um ihre Einstellung zu rechtfertigen, bezog sich Rowling in der Vergangenheit immer wieder auf ihre eigene Geschichte. Ihre Angst habe einen Grund. In ihrer ersten Ehe habe sie häusliche Gewalt erlebt, schrieb sie einst in einem Essay. Den sexuellen Missbrauch und die Übergriffe habe sie lange für sich behalten, um ihre Tochter zu schützen. Doch sie sei eine Überlebende und wolle sich erklären. „Die Narben, die Gewalt und sexuelle Übergriffe hinterlassen haben, verschwinden nicht, ganz gleich, wie sehr man geliebt wird und wie viel Geld man verdient hat“, schrieb Rowling.
Innerhalb der „Harry Potter“-Welt zeigte sich in den vergangenen Jahren eine klare Tendenz. Die Jüngeren unter den Stars machten sich vermehrt stark für Transfrauen. „Transfrauen sind Frauen“, sagte Daniel Radcliffe 2020. „Jede gegenteilige Aussage negiert die Identität und Würde von Transgender-Personen und widerspricht allen Empfehlungen professioneller Gesundheitsverbände, die weitaus mehr Fachwissen zu diesem Thema haben als [J. K.] oder ich“, so Radcliffe.
Im selben Jahr schrieb Watson bei X: „Transpersonen sind die, die sie sagen, dass sie sind, und verdienen es, ihr Leben zu leben, ohne ständig hinterfragt oder belehrt zu werden.“
„Hagrid“-Darsteller verteidigte Rowling
Rupert Grint, der in den Filmen Ron Weasley spielt, sagte der britischen „Times“ über Rowling: „Ich finde, dass sie äußerst talentiert ist. Ich meine, ihre Werke sind eindeutig genial. Aber ich denke auch, dass man jemanden sehr respektieren und trotzdem mit solchen Dingen nicht einverstanden sein kann.“
Bonnie Wright, die Grints Schwester in den Filmen verkörpert, stellte sich ebenfalls auf die Seite von Transmenschen. „Wenn ‚Harry Potter‘ für dich eine Quelle der Liebe und Zugehörigkeit war, dann ist diese Liebe unendlich und steht dir ohne Vorurteile oder Fragen zur Verfügung. Transfrauen sind Frauen“, sagte sie.
Vor allem die älteren Stars der Reihe zeigten sich etwas versöhnlicher mit der Autorin. Jason Isaacs, der Lucius Malfoy spielt, wollte nicht im Detail auf seine Ansichten in der Debatte eingehen, sagte jedoch dem „Telegraph“: „Wissen Sie, ich spiele komplizierte Menschen, ich interessiere mich für komplizierte Menschen. Ich möchte mich nicht auf Transgender-Themen einlassen und darüber sprechen, denn das ist ein außerordentlich heikles Thema. Sie hat ihre Meinung, ich habe meine. In vielen Bereichen unterscheiden sich unsere Ansichten.“
Ralph Fiennes zeigte sich währenddessen empört über den Hass, der Rowling im Netz entgegenschlage. „J. K. Rowling hat diese großartigen Bücher über Empowerment geschrieben, darüber, wie kleine Kinder zu sich selbst als Menschen finden“, so Fiennes zur „New York Times“. „Es geht darum, wie man ein besserer, stärkerer und moralisch ausgeglichenerer Mensch wird. Die verbalen Angriffe gegen sie sind widerwärtig, sie sind entsetzlich.“
Der mittlerweile verstorbene „Hagrid“-Darsteller Robbie Coltrane hatte die Autorin der Fantasy-Bücher zu Lebzeiten vehement verteidigt. „Ich finde nicht, dass das, was sie gesagt hat, wirklich beleidigend war“, hatte er britischen Medien vor seinem Tod gesagt. Und weiter: „Ich weiß nicht, warum, aber es gibt eine ganze Twitter-Generation von Menschen, die nur darauf warten, beleidigt zu werden. (…) Das ist meine Art, wie ein mürrischer alter Mann zu reden. Aber man denkt sich einfach: ‚Ach, komm mal runter. Werde vernünftig, steh gerade und mach weiter'“, so Coltrane. Helena Bonham Carter betonte ebenfalls, Rowling dürfe ihre eigene Meinung haben.
Rowling zeigt sich enttäuscht
Rowling selbst hat immer wieder auf die Aussagen ihrer ehemaligen Schützlinge Radcliffe, Grint und Watson reagiert. Erst im März dieses Jahres antwortete sie auf X spöttisch auf die Frage eines Nutzers „Welcher Schauspieler/welche Schauspielerin ruiniert dir sofort einen Film?“ Rowlings Antwort: „Dreimal darfst du raten. Tut mir leid, aber das war einfach zu verlockend.“
In ihrem jüngsten Beitrag auf X äußerte sich Rowling nachdenklicher über ihre einstigen Schützlinge. „Insbesondere Emma und Dan haben in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass sie glauben, unsere frühere berufliche Verbindung gebe ihnen ein besonderes Recht – ja sogar die Pflicht –, mich und meine Ansichten öffentlich zu kritisieren. Auch Jahre nach ihrem Ausstieg bei Potter nehmen sie weiterhin die Rolle der de facto-Sprecher für die Welt ein, die ich geschaffen habe“, schrieb sie und zeigte sich enttäuscht. „Wenn man Menschen schon kennt, seit sie zehn Jahre alt sind, fällt es schwer, eine gewisse Beschützerhaltung abzulegen. Bis vor Kurzem hatte ich es nicht geschafft, die Erinnerung an Kinder abzuschütteln, die in einem großen, beängstigenden Filmstudio sanft durch ihre Dialoge geführt werden mussten“, so Rowling.
„Mit vierzehn war ich noch keine Multimillionärin. Ich lebte in Armut, während ich das Buch schrieb, das Emma berühmt machte“, erklärte Rowling außerdem.
Bislang hat Watson auf Rowlings jüngste Aussagen nicht reagiert. Fest steht aber: Die Autorin und die drei Hauptdarsteller Radcliffe, Grint und Watson sind vermutlich auf Lebzeiten miteinander verbunden und werden deshalb immer wieder Position beziehen müssen. Zu groß ist die „Harry Potter“-Welt – nicht nur für sie selbst, sondern auch die Fans.