Verkehr: Von A1 bis Rheinbrücke – werden Großprojekte ausgebremst?

Die Bundesregierung muss sparen, das könnte Verkehrsprojekte in Rheinland-Pfalz ausbremsen. Landesregierung und Wirtschaft sind alarmiert. Und es gibt Appelle aus Kommunen in betroffenen Regionen.

Angesichts von Finanzlücken beim Bund geht in Rheinland-Pfalz die Angst um, dass große geplante Verkehrsprojekte im Land ins Stocken geraten könnten. Vertreter des Landes und aus der Wirtschaft warnen vor Verzögerungen. An diesem Donnerstag kommen Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) und Vertreter von Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern sowie der Landesvereinigung Unternehmerverbände zu einem Infrastrukturgipfel zusammen. Um was es dabei geht: 

Wo könnten Verzögerungen drohen wegen der Finanzlücke?

Bundesweit geht es um 74 Planungsprojekte zum Aus- und Neubau von Autobahnen, für die bis 2029 eigentlich „bestandskräftiges Baurecht“ erwartet wird. Eine Baufreigabe ist nach dem Finanzierungs- und Realisierungsplan aber erst möglich, wenn die entsprechenden Haushaltsansätze erhöht werden. 

Mit Blick auf die Autobahnen betrifft das in Rheinland-Pfalz den vorgesehenen Lückenschluss an der A1 zwischen Kelberg und Adenau in der Eifel sowie den Ausbau der A643 zwischen Mainz-Gonsenheim und -Mombach. Zur Disposition stehen nach Angaben des Verkehrsministeriums in Mainz auch mehrere Projekte an Bundesstraßen: der weitere Ausbau der B50 an der Grenze der Kreise Bernkastel-Wittlich und Rhein-Hunsrück, die Ortsumgehung in Rennerod im Westerwald an der B54, eine Umgehung in Straßenhaus ebenfalls im Westerwald an der B256, eine Umgehung in Kallstadt-Ungstein in der Pfalz an der B271 sowie der Bau einer zweiten Rheinbrücke zwischen Wörth und Karlsruhe, rund 1,4 Kilometer nördlich der bestehenden Rheinquerung ganz in der Nähe des großen Lkw-Werks von Daimler Truck. 

Was sagen Landesregierung und Wirtschaft bislang dazu?

Schon vor dem Gipfel betonte Ministerin Schmitt: „Wir werden gemeinsam die Bedeutung dieser Projekte für unsere Wirtschaft verdeutlichen. Rheinland-Pfalz braucht Planungssicherheit – ein Stopp dieser Maßnahmen ist nicht hinnehmbar.“ Wenn die Bundesregierung tatsächlich an diesen Projekten spare, gefährde sie den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz und dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit. Ein Rückzieher beim A1-Lückenschluss wäre „völlig inakzeptabel“. 

Von dem Infrastrukturgipfel müsse eine unüberhörbare Forderung nach Berlin dringen, alle zugesagten Projekte auch umzusetzen, mahnt die Landesvereinigung Unternehmerverbände. Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur sei für Rheinland-Pfalz als Flächenland Lebensader und Wettbewerbsfaktor. Wenn zugesagte Bauvorhaben ins Stocken geraten, werde weiteres Vertrauen bei Investoren, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern verspielt.

Von Daimler Truck heißt es, für das Werk in Wörth sei eine funktionierende Verkehrsanbindung unerlässlich für die Versorgung mit Material. Außerdem sei das Werk einer der größten Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz, mehrere tausend Mitarbeiter aus dem benachbarten Baden-Württemberg seien auf eine reibungslose Anfahrt zu ihrem Arbeitsplatz angewiesen. Und die sei im Falle von Engpässen etwa durch Baustellen auf der einen bestehenden Brücke über den Rhein beeinträchtigt. Insofern unterstütze Daimler Truck die Umsetzung einer zweiten eigenständigen Rheinbrücke zwischen Karlsruhe und Wörth. „Damit können sowohl das Verkehrsnetz in der Region zukunftsfähig ausgerichtet als auch vorhandene Verkehrsflächen effizienter genutzt werden.“

Wie ist die Stimmung in den Orten der Regionen?

In der Gemeinde Dreis-Brück im Kreis Vulkaneifel in der Nähe des bisher südlichen Endes der A1 wartet man sehnsüchtig auf den Lückenschluss, wie die parteilose Ortsbürgermeisterin Edith Löhr-Hoffmann sagt. „Die Belastung ist nicht mehr zu ertragen.“ 

Über die Bundesstraße, die mitten durch den Ortsteil Dreis führt, rolle viel Schwerlastverkehr. Auch auf der Kreisstraße im Ortsteil Brück seien Lastwagen unterwegs, teils belaste der Schwerlastverkehr auch Abschnitte, die eigentlich für diesen nicht erlaubt seien. In Brück sei Tempo 30 eingeführt worden, daran werde sich aber nicht immer gehalten. 

Folgen des vielen Verkehrs seien eine immense Lärmbelästigung, viele Abgase und eine Gefährdung zum Beispiel für Kinder oder ältere Menschen, die über die Straße wollten, sagt Löhr-Hoffmann. Es sei unter dem Strich unerträglich. Am 11. Oktober sei eine Demonstration in Brück geplant. 

Etwas südöstlich in Simmern heißt es von der Verwaltung des Rhein-Hunsrück-Kreises, der durchgehende Ausbau der B50 bis zum Flughafen Hahn habe höchste Priorität. Mit der Fertigstellung des Hochmoselübergangs und des dortigen Ausbaus der Bundesstraße sei die wirtschaftliche Entwicklung der Region in der Vergangenheit gestärkt worden. 

Große globale Unternehmen hätten aufgrund der B50 und des Flughafens Hahn Standorte etabliert. Der zügige Ausbau der verbleibenden zweistreifigen Abschnitte sei zwingend und schnellstmöglich erforderlich. 

Eine zweite Rheinquerung zwischen Wörth und Karlsruhe nennt der Wörther Bürgermeister Steffen Weiß lebensnotwendig. Die bestehende Brücke sei deutlich überlastet, sagt der FWG-Politiker. Und die Nutzungszeit des auf rheinland-pfälzischer Seite an die Brücke anschließenden Bauwerks sei endlich.

Wenn dort eine Sperrung kommen würde und es bis dahin keine zweite Brücke gebe, würden Teile von Wörth regelrecht mit Verkehr geflutet, sagt Weiß. Die nächsten Rheinquerungen in nördlicher und südlicher Richtung seien jeweils rund 25 Kilometer entfernt. Abhilfe könne auch nicht die Schiene schaffen, die Kapazitätsgrenze des Bahnhofs Wörth sei erreicht. 

Gibt es auch Gegner der Verkehrsprojekte?

Ja, auch die gibt es – und zwar auf Seiten von Umweltschützern und in den Reihen der Grünen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat etwa gegen den Bau des A1-Abschnitts zwischen Adenau und Kelberg geklagt, der Fall liegt aktuell beim Bundesverwaltungsgericht. Die Sprecherin für Verkehrsinfrastruktur der grünen Landtagsfraktion, Jutta Blatzheim-Roegler, nannte es in der vergangenen Woche begrüßenswert, „dass offenbar auch Teile der Bundesregierung zu der Einsicht gelangen, dass ein Ausbau der A1 in keinem annehmbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen würde“.

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