Mehrfach greifen US-Amerikaner Boote vor der Küste Venezuelas an. Die Regierung sieht darin eine kriegsähnliche Bedrohung. Dann bebt auch noch die Erde im Nordwesten.
Venezuela kommt seit Wochen nicht zur Ruhe. Angriffe durch US-Truppen auf Schiffe vor der Küste des südamerikanischen Landes beunruhigen die Bevölkerung ebenso, wie die Folgen eines Erdbebens, das in der Nacht zum Donnerstag den Nordwesten des Staates erschütterte
Das US-Militär hat nach Angaben von Präsident Donald Trump zunächst mindestens zwei Drogenboote in internationalen Gewässern angegriffen. Dabei seien „drei Narkoterroristen“ getötet worden, erklärte Trump am vergangenen Freitag in seinem Onlinedienst Truth Social. Die Gesamtzahl der bei solchen US-Angriffen Getöteten stieg damit auf 17. Venezuelas Regierung bezeichnete die US-Militäreinsätze gegen angebliche Rauschgiftschmuggler unterdessen als „nicht erklärten Krieg“ in der Karibik.
Anders als bei vorherigen Angriffen machte Trump keine Angaben dazu, ob der jüngste Angriff vor der Küste Venezuelas stattfand. Dort hat die US-Marine eine kleine Flotte zur Bekämpfung des Drogenhandels stationiert. Der US-Präsident teilte lediglich mit, dass der Angriff im Zuständigkeitsbereich des Südkommandos der US-Armee erfolgt sei, zu dem Mittel- und Südamerika sowie die Karibik gehören. Trump machte auch keine Angaben zum genauen Zeitpunkt des jüngsten Angriffs.
„Narkoterrorismus“
Der US-Präsident postete, US-Geheimdienste hätten ihm bestätigt, dass das Boot Drogen „entlang einer bekannten Drogenhandelsroute“ transportierte, „um Amerikaner zu vergiften“. Bei diesem Angriff seien „drei männliche Narkoterroristen“ an Bord des Boots getötet worden. US-Soldaten seien dabei nicht verletzt worden.
Venezuelas Generalstaatsanwalt Tarek William Saab bezeichnete den jüngsten US-Angriff als „Einsatz von Raketen und Atomwaffen zur Ermordung wehrloser Fischer auf einem kleinen Boot“. Er sprach von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von der UNO untersucht werden“ müssten. Venezuelas Verteidigungsminister Padrino López warf den USA daraufhin vor, einen „nicht erklärten Krieg“ gegen sein Land zu führen. Bei diesem seien Menschen, „ob sie nun Drogenhändler sind oder nicht, in der Karibik hingerichtet“ worden, so Padrino López.
Auch äußerte er sich zum Abschluss einer Militärübung auf der Insel La Orchila. Mit dem dreitägigen Training reagierte Venezuela nach eigenen Angaben auf die Entsendung der US-Kriegsschiffe in internationale Gewässer vor der Küste Venezuelas. Die USA hatten diese Maßnahme mit dem Kampf gegen Drogenkartelle begründet. Zudem verlegte die US-Armee Kampfjets in das US-Außengebiet Puerto Rico.
„Außergerichtliche Hinrichtungen“
Vor dem jüngsten Angriff hatten die nordamerikanischen Kriegsschiffe nach US-Angaben im September bereits drei venezolanische Boote in der Karibik attackiert. Dabei wurden demnach 14 mutmaßliche Drogenschmuggler getötet. Eines der Boote gehörte Trump zufolge der venezolanischen Drogenbande Tren de Aragua.
Im Auftrag der Vereinten Nationen arbeitende Menschenrechtsexperten sprachen vor einigen Tagen von „außergerichtlichen Hinrichtungen“ und riefen die USA auf, „sich aus ihrem gesetzlosen ‚Krieg gegen den Drogen-Terrorismus‘ zurückzuziehen“.
Die rechtsgerichtete Trump-Regierung wirft Venezuelas linksnationalistischem Staatschef Nicolás Maduro vor, ein Drogenkartell anzuführen und die USA mit Rauschmitteln zu fluten. Maduro bezeichnete seinerseits den US-Militäreinsatz als „die größte Bedrohung“ für Lateinamerika seit hundert Jahren.
50 Millionen US-Dollar Kopfgeld
Der größte Einsatz der US-Marine in der Karibik seit Jahrzehnten hat Spekulationen geschürt, dass die USA einen Angriff auf venezolanisches Territorium planen könnten.
Vor diesem Hintergrund kündigte Maduro neue Militärübungen für Zivilisten an. Soldaten würden in Arbeiterviertel entsandt, um den Bewohnern den „Umgang mit Waffen beizubringen“, sagte er. Wegen der angespannten Lage mit den USA hatte Maduro dafür bereits vor zwei Wochen Reservisten, Milizionäre und junge Venezolaner zu Schießübungen aufgerufen.
Venezuela hatte 2019 die diplomatischen Beziehungen zu den USA abgebrochen, nachdem die USA ebenso wie zahlreiche andere Staaten Maduros damaligen Wahlsieg nicht anerkannt hatten. Washington belegte Caracas damals zudem mit Sanktionen und verhängte ein Öl-Embargo gegen das südamerikanische Land. Erst kürzlich verdoppelte Washington ein auf Maduro ausgesetztes Kopfgeld auf 50 Millionen Dollar (rund 43 Millionen Euro).
Erdbeben im Nordwesten Venezuelas
Unterdessen hat ein Erdbeben der Stärke 6,3 in der Nacht zum Donnerstag den Nordwesten Venezuelas erschüttert. Wie die US-Erdbebenwarte (USGS) mitteilte, lag das Epizentrum des Bebens in einer Tiefe von 14 Kilometern, rund 27 Kilometer von der Stadt Mene Grande im Bundesstaat Zulia entfernt. Die Erschütterungen waren auch in der über 600 Kilometer entfernten Hauptstadt Caracas zu spüren: Zahlreiche Menschen strömten auf die Straßen, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten.
Laut USGS geht von dem Erdbeben „keine nennenswerte Tsunami-Gefahr aus“. Venezuelas Innenminister Cabello sagte dazu im Staatsfernsehen, das Beben verursachte „keine nennenswerten strukturellen Schäden“. Kurz zuvor erschütterte bereits ein Erdbeben der Stärke 6,2 die Region und versetzte die Menschen in Alarmbereitschaft.