Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Hans-Eckhard Sommer, hat die Aufgabenverteilung in NRW bei Aufenthaltsfragen hinterfragt. Er sehe Nachteile.
Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat die Aufgabenverteilung in Nordrhein-Westfalen in Asyl- und Aufenthaltsfragen kritisiert. Seine Behörde sei dem Bundesinnenministerium unterstellt, in Nordrhein-Westfalen sei ein anderes Ministerium zuständig, sagte Hans-Eckhard Sommer (64) als Zeuge im Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zum Terroranschlag eines abgelehnten Asylbewerbers in Solingen.
Dies habe Nachteile und führe etwa dazu, dass NRW in der Innenministerkonferenz „zu diesem Themenkreis schlicht nicht sprechfähig ist“, sagte Sommer. Zudem seien für Abschiebungen in den meisten Bundesländern Polizisten zuständig. In NRW seien es Verwaltungsbeamte.
Er könne sich vorstellen, dass diese bei der gescheiterten Abschiebung des späteren Attentäters von Solingen „bewusst nur in einen Raum gegangen sind, weil das eben auch gefährlich ist. Sie sind aber keine geschulten Polizisten“, sagte der Bamf-Präsident. Er regte an, die Polizei an Abschiebungen in NRW zu beteiligen.
Kritik relativiert
Später relativierte Sommer seine Kritik: NRW sei das Land mit den meisten Abschiebungen. So schlecht sei das Land nicht aufgestellt. Er selbst habe versucht, Bayern an die NRW-Zahlen heranzubringen, dies aber nicht geschafft. Auch die Zentrale Ausländerbehörde in Bielefeld sei eine sehr gut aufgestellte Behörde.
Der geständige Attentäter von Solingen, Issa al H., hatte nach Bulgarien als Erstaufnahmeland der EU abgeschoben werden sollen, war aber bei dem Termin in seiner Unterkunft nicht angetroffen worden.
„Wir machen es den Menschen zu leicht, sich dem Abschiebetermin zu entziehen“, sagte Sommer. Auf diesen Termin werde wochen- und manchmal monatelang hingearbeitet und in vielen Fällen sei ein zweiter Versuch nicht mehr möglich.
Europäisches Recht verbiete in vielen Fällen aber eine Abschiebehaft. Die Betroffenen müssten auch nicht ununterbrochen in ihrer Unterkunft bleiben. Im Bereich seiner Behörde habe der Anschlag von Solingen keine Defizite aufgezeigt, „sonst hätte ich das verändert“, sagte Sommer.
In Unterkunft nicht angetroffen
Der mutmaßliche Attentäter von Solingen, Issa al H., war im Juni 2023 zum Zeitpunkt seiner geplanten Rückführung nach Bulgarien nicht in der Flüchtlingsunterkunft in Paderborn angetroffen worden. Ein weiterer Rückführungsversuch war nicht unternommen worden. Nach Auslaufen der Überstellungsfrist war er schließlich nach Solingen überwiesen worden. Ein Jahr später war es dort zu dem Attentat gekommen.
Bei dem Anschlag am 23. August 2024 auf einem Stadtfest in Solingen waren drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt worden. Der mutmaßliche Attentäter, der Syrer Issa al H., muss sich seit Ende Mai vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten. Die Terrororganisation Islamischer Staat hatte den Messeranschlag für sich reklamiert. Das Urteil soll am kommenden Mittwoch verkündet werden.