Nach dem 0:2 in der Slowakei steht die DFB-Elf direkt massiv unter Druck. Bundestrainer Nagelsmann und Kapitän Kimmich suchen nach Lösungen. Und Rudi Völler warnt vor einem historischen Scheitern.
Alarm-Ansage von Joshua Kimmich, Frust und Trotz bei Julian Nagelsmann – und Rudi Völler sorgt sich wie viele Fans bereits um das sicher geglaubte WM-Ticket. Nach der 0:2-Blamage von Bratislava muss die Fußball-Nationalmannschaft schnell aus ihrer Schockstarre finden. Noch bevor der Teambus kurz vor Mitternacht die kleine Seitenstraße am slowakischen Nationalstadion verließ, versprach der Bundestrainer eine Reaktion beim nächsten Spiel am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) in Köln gegen Nordirland.
Emotionalität, Dominanz, Selbstverständnis eines Siegerteams – alles hatte trotz großer Ankündigungen zum Start in die WM-Qualifikation gegen das Team der Slowakei gefehlt. Doch Nagelsmann hält nicht nur an seinem großen Ziel WM-Titel fest. Alles andere wäre aus seiner Sicht „ein fatales Zeichen nach innen und außen“. Der 38-Jährige stellte sich nach einem kurzen verbalen Seitenhieb auch wieder vor sein Team – trotz der riesigen Enttäuschung.
„Vielleicht müssen wir auf weniger Qualität setzen, sondern auf Spieler, die alles reinwerfen. Das hätte heute zu einem besseren Ergebnis geführt“, monierte Nagelsmann in der ARD. Um dann wenig später zu relativieren. „Ich habe Vertrauen in die Mannschaft, sonst würde ich sie nicht einladen. Ich glaube auch, dass jeder Spieler, der dabei ist, die Emotionalität rauskitzeln kann“, sagte er nach der historischen ersten Auswärtsniederlage in einer WM-Ausscheidung für die DFB-Elf.
Nagelsmann braucht Bedenkzeit
Ein „paar Stunden“ Bedenkzeit erbat sich Nagelsmann. Mit dem ehemaligen DFB-Teamchef Völler wolle er sich auch beraten, was nun zu tun sei, nach diesem fußballerischen Offenbarungseid. Der DFB-Sportdirektor hatte da längst ausgesprochen, was die Fans im Stadion und an den TV-Geräten auch gesehen hatten. So ist die DFB-Elf nicht nur kein WM-Favorit. So ist sogar die Teilnahme am Mammut-Turnier 2026 in Amerika in Gefahr. „Wenn uns die paar Prozent fehlen, wird es ein bitteres Erwachen geben“, mahnte Völler in der ARD.
Eine klare Warnung sprach auch Kimmich aus, der nach den WM-Enttäuschungen 2018 und 2022 doch endlich seinen Titeltraum leben will. „Wenn wir so weitermachen, wird es ganz schwierig, dass wir uns für die WM qualifizieren. Jeder muss sich jetzt seine Gedanken machen. Wir haben zwei Tage Zeit, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Und hoffentlich sehen wir dann in drei Tagen gegen Nordirland eine andere Einstellung“, sagte der 30-Jährige.
Was sind für Nagelsmann die Gründe für die Niederlage?
Der Bundestrainer liebt Schlagwörter. Dominanz war eines vor dem Spiel. Nun sprach er immer wieder über Emotionalität. „Wir hatten gar keine Emotionalität. Ich kann mich an keine Szene erinnern. Wir haben alles verloren, was es zu verlieren gab“, sagte er.
Sein Vergleich: Die Slowakei habe gespielt wie ein Außenseiter im DFB-Pokal, mit Leidenschaft. Sein Team war der behäbige Favorit. An Klasse mangele es nicht. „Ich kann das mit der Qualität nicht mehr hören“, polterte er los und fügte an: „Wir müssen erstmal emotional werden, wir müssen in jedem Spiel alles reinwerfen.“
Wie reagiert Nagelsmann auf die Niederlage?
Der Bundestrainer setzt auf Teamwork. „Wir haben schlaue Köpfe im Verband, da hefte ich mir jetzt nicht alles selber hin. Wir werden die Maßnahmen treffen, um die Voraussetzung zu schaffen, das Spiel am Sonntag zu gewinnen“, sagte Nagelsmann. Konkret wurde er aber in seinen Überlegungen nicht. Völler kann ein guter Ratgeber sein. 2001 verlor er als Teamchef gegen England in der WM-Quali mit 1:5 – ein Jahr später zog er in Japan ins WM-Finale ein.
Was kann Nagelsmann in der Kürze der Zeit ändern?
Kimmich wieder als rechter Außenverteidiger? Möglich, sagte Nagelsmann. „Das ist immer eine Option, das habe ich die ganze Zeit gesagt.“ Mit Robert Andrich einen emotionalen Anführer ins defensive Zentrum? Möglich. Der Bundestrainer muss jetzt in die Köpfe der Spieler kommen, ihr Mindset ändern. Dafür erinnerte an die Heim-EM. „Wir waren emotional. Jeder hatte Bock, uns zu sehen. Das ist leider wieder weniger geworden“, sagte Nagelsmann.
Ist das WM-Ticket wirklich in Gefahr?
Sechs Siege in sechs Spielen wollte Nagelsmann auf dem Weg zur WM. Dieses Ziel ist schon dahin. Aber natürlich ist auch Platz eins in der Gruppe A mit den Slowaken, Nordirland und Luxemburg noch möglich. Die Entscheidung könnte im letzten Spiel am 17. November in Leipzig eben gegen die Slowakei fallen.
Doch auch ohne Gruppensieg ist die WM noch drin. Als einer von vier Gruppensiegern der A-Liga in der Nations League ist die Teilnahme an den Playoffs, bei denen im März 2026 noch vier Tickets vergeben werden, schon sicher – unabhängig vom Platz in der aktuellen Qualifikationsgruppe.