Debattenkultur: Diakonie-Chef beklagt Gnadenlosigkeit in der Gesellschaft

Die politische Debatte wird in Deutschland mitunter in großer Härte geführt. In sozialen Medien geht im Schutz der Anonymität richtig die Post ab. Darunter leidet die Kommunikation einer Gesellschaft.

Der sächsische Diakonie-Chef Dietrich Bauer beklagt eine Verrohung der gesellschaftlichen Debatte. „Es gibt eine gewisse Gnadenlosigkeit in der Gesellschaft“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem in sozialen Medien nähmen verbale Attacken auf Politiker zu. Sie würden für formelhafte Aussagen rigoros abgestraft. „Wenn sie sich eine Ungenauigkeit oder einen Fehler leisten, leuchtet man das zu 100 Prozent aus. Dabei gehört zu einer lebendigen Kommunikation, sich auch einmal irren zu können.“

Einfache und schnelle Lösungen bei komplexen Problemen unmöglich

„Ich bewundere alle, die heute in der Politik in die Verantwortung gehen. Sie können im Grunde nicht damit rechnen, kurzfristig Erfolg zu haben, denn viele Prozesse sind sehr komplex und langfristig“, erklärte der 65 Jahre alte Oberkirchenrat. In einer demokratischen Gesellschaft müssten sie unter Beteiligung vieler ausgehandelt werden. Da sei es weder hilfreich noch realistisch, auf schnelle und einfache Lösungen zu pochen. „Da werden völlig falsche Erwartungen geweckt.“

Diakonie will zur Versachlichung von Debatten beitragen

Bauer: „Als demokratische Gesellschaft sind wir auf eine offene Kommunikation angewiesen.“ Leider habe die Politik in einigen Parteien eine überbordende Form der Inszenierung angenommen. Es gebe Bundestagsabgeordnete, deren Redebeiträge auf Social-Media-Kanäle ausgerichtet sind. „Diese 30 Sekunden sollen eine Botschaft senden, sie marktgerecht machen. Das funktioniert bei komplexen Problemstellungen nicht. Als Diakonie sehen wir es als unsere Aufgabe, uns in diese Debatten einzubringen und zur Versachlichung beizutragen. Gesellschaftliche Fragen gehen uns alle an.“

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