Bundesverfassungsgericht: Richterwahl: Schwesig bedauert Rückzug von Brosius-Gersdorf

Im Koalitionsstreit um die Wahl neuer Verfassungsrichter hat die Kandidatin der SPD ihren Verzicht erklärt. Die Umstände berühren nach Ansicht von MV-Regierungschefin Schwesig grundsätzliche Fragen.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat den Verzicht der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf auf die Kandidatur für ein Richteramt am Bundesverfassungsgericht bedauert. „Frauke Brosius-Gersdorf hätte dem Gericht mit ihrer juristischen Expertise gutgetan“, schrieb Schwesig auf der Plattform X. Zugleich wertete die SPD-Politikerin den Rückzug der anerkannten Rechtsprofessorin als Signal, „das uns alle aufrütteln sollte“. Der Umgang mit ihr werfe grundsätzliche Fragen über den Zustand der politischen Kultur in Deutschland auf.

Die von der SPD nominierte Juristin hatte über ihre Bonner Anwaltskanzlei mitgeteilt, dass sie nicht länger für die Richterstelle am Verfassungsgericht kandidieren werde. Sie reagierte damit auf die anhalten Widerstände gegen ihre Person aus den Reihen der Union. „Mir wurde aus der CDU/CSU-Fraktion – öffentlich und nicht-öffentlich – in den letzten Wochen und Tagen sehr deutlich signalisiert, dass meine Wahl ausgeschlossen ist. Teile der CDU/CSU-Fraktion lehnen meine Wahl kategorisch ab“, hieß es. Es müsse verhindert werden, dass sich der Koalitionsstreit wegen der Richterwahl zuspitze „und eine Entwicklung in Gang gesetzt wird, deren Auswirkungen auf die Demokratie nicht absehbar sind“.

Schwesig hatte vor wenigen Tagen Brosius-Gersdorf demonstrativ als gute Kandidatin bezeichnet und die Union aufgefordert, ihre Kritik an der Juristin zurückzufahren. Entscheidend sei die fachliche und persönliche Kompetenz für dieses hohe Amt und die habe Brosius-Gersdorf. „Das ist unumstritten. Sie ist durch den Richterausschuss befragt und bestätigt worden“, hatte Schwesig der „Ostseezeitung“ gesagt. 

Richterwahl im Bundestag nach Unions-Kritik vertagt

Die Wahl von Brosius-Gersdorf und zwei weiteren Nominierten für das höchste deutsche Gericht war im Juli im Bundestag kurzfristig abgesetzt worden. Obwohl die Fraktionsführung der Union die Nominierung von Brosius-Gersdorf zunächst mitgetragen hatte, konnte sie die mit dem Koalitionspartner verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren. Teile der Unionsfraktion hatten Vorbehalte gegen Brosius-Gersdorf. Als Grund wurden unter anderem Äußerungen zum Schwangerschaftsabbruch und zu einer möglichen Impfpflicht in Corona-Zeiten angeführt. Brosius-Gersdorf hatte die gegen sie erhobenen Vorwürfe entschieden zurückgewiesen und ihre Einstufung als „ultralinks“ oder „linksradikal“ als diffamierend und realitätsfern bezeichnet.

Der Berliner Koalitionsstreit um die Wahl neuer Verfassungsrichter hatte bis nach Mecklenburg-Vorpommern ausgestrahlt. Auch CDU-Landeschef Daniel Peters zog die Eignung der Potsdamer Staatsrechtlerin Brosius-Gersdorf in Zweifel. Trotz ihrer fachlichen Kompetenz sei sie in der Vergangenheit immer wieder durch Positionen „einer linken Aktivistin“ aufgefallen, sagte er dem Portal „Nius“. Peters riet der SPD, sich „auf die Suche nach einer neuen Kandidatin oder einem neuen Kandidaten“ zu machen. 

SPD-Generalsekretär Julian Barlen warf Peters daraufhin vor, sich als Hardliner zu inszenieren. Sein Agieren sei „schlicht schäbig“. „Wer das Bundesverfassungsgericht parteipolitisch instrumentalisiert, rüttelt am Fundament unseres Rechtsstaats. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht Lösungen – nicht populistische Kampagnen“, mahnte Barlen.

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