Aufklärung im Landtag: Erneut zweistellige Millionen-Kosten für U-Ausschüsse

Gibt es in der Landespolitik mehr Skandale oder wird bloß mehr skandalisiert? Jedenfalls ist die Zahl der Untersuchungsausschüsse in NRW gestiegen. Sind die bloß teuer oder auch effektiv?

Auch in dieser Wahlperiode werden die Untersuchungsausschüsse des nordrhein-westfälischen Landtags die Steuerzahler zweistellige Millionensummen kosten. Allein bis Ende Juni lagen die Gesamtkosten für alle fünf U-Ausschüsse dieser Legislatur bei 13,6 Millionen Euro. Das teilte der Landtag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf mit. Die 18. Wahlperiode endet im Mai 2027. 

In der vorherigen Amtszeit des Landtags (2017 bis 2022) waren ebenfalls fünf Parlamentarische Untersuchungsausschüsse (PUA) eingesetzt worden, deren Gesamtkosten sich den Angaben zufolge auf 18,5 Millionen Euro summierten. Den größten Einzelposten machen demnach Zuschüsse an die Fraktionen aus.

Zahl der kostenintensiven U-Ausschüsse ist gewachsen 

Im Langzeitvergleich fällt die steigende Anzahl der langwierigen und kostspieligen Untersuchungsgremien auf: In der 16. Wahlperiode hatte der Landtag vier Untersuchungsausschüsse eingesetzt, in den beiden Amtszeiten zuvor waren die jeweiligen Landesparlamente mit jeweils zwei U-Ausschüssen ausgekommen.

Gibt es in der nordrhein-westfälischen Landespolitik mehr Skandale aufzuarbeiten oder wird in der „Medien-Demokratie“ bloß mehr skandalisiert? Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion, Ina Blumenthal, sieht es so: Seit die CDU 2017 in NRW in Regierungsverantwortung gekommen sei, habe die Bereitschaft, dem Landtag Rede und Antwort zu stehen, kontinuierlich abgenommen. 

Scharfes Schwert gegen dünne Suppe oder Skandalisierung?

„Kleine Anfragen werden kaum mehr richtig beantwortet, Berichte an Fachausschüsse sind oft nicht mehr als dünne Suppe“, sagte sie der dpa. „Da bleibt im Zweifel bei schwerwiegenden Sachverhalten nur noch das schärfste Schwert der Opposition als letzte Chance, um überhaupt noch an Informationen zu kommen – und das ist eben der Untersuchungsausschuss.“

Das sieht die CDU-Regierungsfraktion ganz anders. „Leider nutzt die Opposition die Untersuchungsausschüsse immer wieder nicht sachgerecht, sondern zur Skandalisierung statt zur Aufklärung“, kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Matthias Kerkhoff.

„Parlamentarische Untersuchungsausschüsse verursachen Kosten und Aufwand – deshalb ist unsere Erwartung, dieses Instrument gezielt einzusetzen, die Aufklärungsarbeit konzentriert voranzutreiben und zügig zu Ergebnissen zu kommen.“ Vor allem die SPD ziehe die Ausschüsse aber gern in die Länge.

Was wird untersucht?

In dieser Wahlperiode gibt es U-Ausschüsse zum Themen-Komplex Kindesmissbrauch, zum Jahrhundert-Hochwasser im Sommer 2021, zum Desaster rund um die marode und dann gesprengte Rahmede-Talbrücke, zum mutmaßlich islamistisch motivierten Terroranschlag in Solingen 2024 sowie zur umstrittenen Besetzung des Oberverwaltungsgerichts (OVG). Die ersten beiden Ausschüsse waren in dieser Wahlperiode neu aufgelegt worden, nachdem viele Parlamentarier die Arbeit in der vorherigen Amtszeit nicht abgeschlossen sahen.

Dabei habe der PUA zur Aufklärung von Kindesmissbrauch seine Arbeit längst geleistet, meint Kerkhoff. „Es gibt keine neuen Erkenntnisse, dennoch lässt die SPD ihn nicht zu einem Ende kommen.“ 

Kosten und Nutzen der Aufklärungsgremien

Der U-Ausschuss zur Hochwasser-Katastrophe ist inzwischen abgeschlossen. Die Ernennung des neuen OVG-Präsidenten steht kurz bevor und der Terror-Anschlag von Solingen wird vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht akribisch aufgearbeitet. Bringen die Ausschüsse einen Mehrwert? „Der Untersuchungsausschuss ist ein wichtiges parlamentarisches Instrument zur Aufklärung und Kontrolle der Regierung“, konzediert Kerkhoff.

Die SPD-Politikerin Blumenthal sieht ganz konkrete Aufklärungserfolge: So habe der PUA zum Brückendesaster und Infrastrukturstau in NRW bereits gravierende Defizite und Verkehrssicherheitsrisiken ans Licht gebracht, die ansonsten im Dunkeln geblieben wären, argumentiert sie. 

Ähnlich sei es beim PUA zur OVG-Spitzenpersonalie gelaufen: Der hatte Verfahrensfehler und Unstimmigkeiten bei den Besetzungsentscheidungen zutage gefördert, die im Ergebnis dazu führten, dass das Justizministerium den Vorgang neu aufrollen musste.

„Alles notwendig und leider zwangsläufig, weil die Landesregierung zuvor gemauert hat, was das Zeug hält“, lautet Blumenthals U-Ausschuss-Bilanz. „Wenn die Landesregierung bereit ist, umfangreiche Informationen bereitzustellen, kann man sich dieses zweifelsohne kostspielige und zeitintensive Instrument auch sparen.“ Das sei allerdings die Ausnahme gewesen.

Lob für Innenminister Reul

So habe es etwa NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) gehalten, als er der Opposition sämtliche Akten zur Verfügung gestellt habe zur umstrittenen Räumung des Hambacher Forsts im Herbst 2018, lobte die Oppositionspolitikerin. „Ein Untersuchungsausschuss war deshalb auch nicht nötig.“

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