Meinung: Natürlich müssen wir bis 70 arbeiten!

Wieder einmal diskutieren wir die Rente mit 70. Unser Autor fragt sich: Wieso ist die nicht längst beschlossen? Alles andere wäre doch nur unlogisch.

Unsere Lebenserwartung wird Jahr für Jahr höher. Männer, die heute das 65. Lebensjahr erreichen, können sich im Schnitt auf mehr als 17,5 weitere Lebensjahre freuen. Frauen sogar auf fast 21. Vor fünfzig Jahren waren es jeweils gut fünf Jahre weniger.

Es ist also total logisch, dass mit der Lebenserwartung auch das Rentenalter steigt. Man braucht nicht mal die schwierige Finanzlage der Rentenkasse durch die demografische Entwicklung heranzuziehen, um zu sehen, dass das sinnvoll ist. Wer länger lebt, ist in der Regel auch länger leistungsfähig.

Und deshalb wird das reguläre Eintrittsalter in die Rente seit 2012 Jahr für Jahr erhöht. Aktuell sind es 66 Jahre und 2 Monate, im Jahr 2031 dann wird das reguläre Rentenalter 67 Jahre sein. Für die Zeit danach aber, bleibt es bei 67, so will es die bisherige Regelung. Und wenn es nach der SPD und dem schwarz-roten Koalitionsvertrag geht, dann soll das auch in der Zukunft so bleiben.

Symbolpolitik macht die Rente nicht sicher

Wie immer in der Politik geht es um Symbole. Als die Rente mit 67 beschlossen wurde, war schon diese Zahl kaum vermittelbar, deshalb blieb es dabei. Dabei hätte man schon damals das einzig Logische tun können: einen Faktor für die Lebenserwartung in die Rentengesetze einzubauen. Dann müsste man auch nicht über konkrete Zahlen reden. Denn warum sollten Menschen, die länger und gesünder leben, auch noch mit einem (relativ zu ihrer Fitness gesehen) früheren Renteneintritt belohnt werden? Für den dann die älteren Rentner auf Leistungen verzichten müssen – irgendwoher muss das Geld für die längere Rentenzahlung ja herkommen. Der überlastete Haushalt und die Beitragszahler jedenfalls können nicht unendlich stärker belastet werden. 

Deshalb zur Erinnerung: Wenn jetzt über die Rente mit 70 geredet wird, dann ist gemeint, dass das Renteneintrittsalter ab 2032 weiter pro Jahr um zwei Monate steigt. Dann wäre man im Jahr 2052 bei einer Rente mit 70 angelangt, also für die Geburtsjahrgänge ab 1982.

Als wesentliches Argument dagegen wird von der SPD gerne angeführt, dass „Politiker und Wirtschaftseliten“ halt weniger anstrengende Jobs hätten als „normale Arbeitnehmer“ wie Krankenschwester, Stahlarbeiter oder Verkäufer. Deshalb müssten diese (mit Abschlägen) früher in Rente – und so würde ihnen faktisch die Rente gekürzt.

Klassenkampf statt Logik

Nun gibt es erstens auch andere Gründe, im Job krank zu werden. Und zweitens: Selbst wenn es so wäre, gilt auch für Stahlkocher, dass ihre Lebenserwartung und damit auch ihre Fähigkeit zu arbeiten, Jahrgang für Jahrgang etwas besser wird. Drittens wurde mit der abschlagsfreien Rente für besonders langjährig Versicherte genau für die Gruppe der Menschen in Ausbildungsberufen bereits ein großzügiges Rentengeschenk gemacht.

Aus den Zahlen der Rentenversicherung jedenfalls lässt sich die These, die meisten könnten gar nicht länger arbeiten, nicht bestätigen. Denn das tatsächliche Rentenalter hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen.

Was tatsächlich stimmt: Viele Leute mit kleineren Renten haben auch eine geringere Lebenserwartung. Oft wird gemutmaßt, das liege an den harten Arbeitsbedingungen von Fachkräften. Ganz klar ist das nicht, eine wichtige Rolle spielen auch der Lebenswandel und die Güte der Gesundheitsversorgung im Alter. Nicht nur deshalb wäre es sinnvoll, Rentner mit kleineren Renten zulasten der besser gestellten Rentner zu unterstützen. Das Wirtschaftsinstitut DIW hat gerade mit dem Boomer-Soli einen bedenkenswerten Vorschlag dazu gemacht.

Mehr Lebensjahre arbeiten hält die Rente stabil

Zum Schluss doch noch mal zur Demografie: Mitte der Neunziger haben vier sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Rentner finanzieren müssen. 2020 waren es nur noch drei. Im Jahr 2035 wären es nach aktuellen Schätzungen und ohne Anhebung des Rentenalters nur noch 2,4 Beschäftigte, die durch Ihre Beiträge einen Rentner finanzieren. Dieser demografische Wandel lässt sich nicht nur mit Steuermitteln ausgleichen. Dafür braucht es verschiedene Reformen, damit die schon jetzt knappen Renten nicht noch niedriger werden und die Lohnnebenkosten nicht durch die Decke gehen. 

Die effektivste ist, das Renteneintrittsalter anzuheben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert