Abschiebung in Irak: Nach Abschiebung von Jesiden: Woidke will Fall aufarbeiten

Die Abschiebung einer integrierten jesidischen Familie aus Brandenburg in den Irak sorgt für Kritik. Regierungschef Woidke zeigt Verständnis für Bedauern, verweist aber auch auf ein Gerichtsurteil.

Nach der Abschiebung einer jesidischen Familie aus Brandenburg hat Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eine kritische Auswertung angekündigt. „Es hätte besser laufen können, es hätte auch besser laufen müssen. Wir werden diesen Fall kritisch auswerten und sehen, wie wir in Zukunft bei ähnlich gelagerten Fällen besser verfahren können“, sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies aber auch darauf, dass die Klage der Familie gegen den abgelehnten Asylantrag abgewiesen wurde: „Es gibt ein Gerichtsurteil, das sollten alle Seiten akzeptieren. Ich kann menschlich nachvollziehen, dass es großes Bedauern über diesen Fall gibt, gerade in der Region Lychen, wo Menschen die Familie kennen.“

Mitschüler kämpfen für Rückkehr der Familie

Rund 31.000 Menschen haben bisher die Petition einer sechsten Schulklasse aus Lychen zur Rückholung der Familie unterschrieben. „Bringen Sie unseren Klassenkameraden aus dem Irak zurück“, heißt es in der Online-Petition nach Angaben der Plattform Change.org. Ihr Klassenkamerad sei „ohne ersichtlichen Grund“ abgeschoben worden. Er und seine Familie hätten sich „stets bemüht, sich zu integrieren“.

Der Onkel der Kinder wandte sich mit einem Appell an die Öffentlichkeit. „Über Nacht wurden meine Schwester mit ihrem Ehemann und ihren vier Kindern in den Irak abgeschoben“, sagte er in einem Video bei Instagram. „Dabei droht ihnen als jesidische Familie im Irak weiterhin die Gefahr von Isis-Terror.“ Damit meinte er die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Jesidinnen und Jesiden würden im Irak politisch verfolgt und unterdrückt, sagte er und rief dazu auf, die Petition zu unterzeichnen.

Bundestag erkannte Verbrechen als Völkermord an

Die Familie mit vier minderjährigen Kindern hatte mehrere Jahre in Lychen in der Uckermark gewohnt. Sie war am Dienstag vergangener Woche in den Irak abgeschoben worden. Am selben Tag hob zwar das Verwaltungsgericht Potsdam aufgrund eines Eilantrags die Ausreisepflicht auf, die Abschiebung lief aber bereits. Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit. Der Bundestag hatte im Jahr 2023 Verbrechen der Terrormiliz IS im Jahr 2014 an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt. Die Abschiebung stieß bei Grünen, Linken, Pro Asyl und dem Flüchtlingsrat auf viel Kritik.

Das Gericht wies die Klage der Familie gegen die Ablehnung ihres Asylantrags aus dem Jahr 2023 ab und änderte das Asylbegehren von „offensichtlich unbegründet“ in „unbegründet“. Das Gericht sah weder eine individuelle Bedrohung wie Verfolgung durch die Terrormiliz IS noch hinreichende Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung. Es wies im Urteil, das der dpa vorliegt, auch auf Widersprüche in der Darstellung der Familie über Bedrohungen hin. Dass noch ein Urteil kommen wird, war zum Zeitpunkt der Abschiebung bekannt.

Anwältin prüft weiteren juristischen Schritt

Die Anwältin der Familie, Kareba Hagemann, prüft, in Berufung zu gehen. Das Bundesinnenministerium will dies abwarten. Zudem ist ein Eilantrag zur Rückholung der Familie offen. Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos) hatte angekündigt, er wolle die Familie in Abstimmung mit dem Bund zügig zurückholen, wenn die gerichtliche Entscheidung Bestand hat. Das Innenministerium sieht derzeit keine Möglichkeit für eine Rückholung.

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