Die soziale Sicherung in Deutschland kostet wachsende Milliardensummen. Die Arbeitgeber fordern eine grundsätzliche Reform – und stimmen auf Einschnitte ein.
Deutschlands Arbeitgeber warnen vor einem Kollaps des Sozialstaats. „Wenn unser Sozialstaat kollabiert, dann nützt es keinem. Und er wird kollabieren, wenn wir so weitermachen“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Wir müssen diesen Sozialstaat dringend reformieren.“
Nötig sei eine offen und ehrlich geführte Diskussion „darüber, was wir an Sozialleistungen nicht mehr bezahlen können“, sagte Dulger. „Wir können uns nicht mehr alles leisten, was wir uns wünschen.“ Dulger wies auf Arbeitgeberberechnungen hin, nach denen die Verwaltungskosten in den Sozialkassen 25 Milliarden Euro betragen. „Da ist viel Raum für Verbesserungen. Wir verpulvern viel Geld für Ineffizienzen.“
Kommission soll schnell starten
Die angekündigte Kommission zur Reform des Sozialstaats müsse zügig ihre Arbeit aufnehmen. „Ich erwarte, dass die Kommission so schnell wie möglich konkrete Punkte vorlegt, wie man die Sozialversicherungen reformieren und verbessern kann“, sagte Dulger. „Wir müssen weg von den hohen Lohnzusatzkosten. Wir brauchen deshalb dringend ausgabensenkende Strukturreformen.“
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD eine Kommission zur Sozialstaatsreform angekündigt, die innerhalb des vierten Quartals 2025 ein Ergebnis präsentiere. Im Herbst will die Regierung auch das Bürgergeld reformieren.
Vor allem müsse der Sozialstaat wieder treffsicherer werden, forderte der Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Bei der von der Regierung angekündigten Bürgergeld-Reform müsse das Ziel sein, „dass diejenigen, die arbeiten, spürbar besser dastehen als jene, die nicht arbeiten“.
Auswirkungen auf politische Stabilität
Das sei heute nicht gegeben. „Und das führt dazu, dass sich immer mehr enttäuschte, arbeitende Bürgerinnen und Bürger extremen politischen Rändern zuwenden“, meinte Dulger. „Wenn der Sozialstaat treffsicher und damit gerechter wird, wird auch die politische Mitte wieder stärker.“
Dulger wies darauf hin, dass er mit vielen arbeitenden Bürgerinnen und Bürgern spreche, die Steuern zahlten und enttäuscht und wütend seien, „weil neben ihnen jemand wohnt, der noch nie gearbeitet hat, noch nie Beiträge bezahlt hat – dem es aber am Ende des Tages nicht schlechter geht als ihnen selbst“. Der Arbeitgeberpräsident meinte: „Ich weiß nicht, wie lange unsere Demokratie das noch aushält, bevor einige hier die Systemfrage stellen.“ Wer fleißig und viel arbeite, müsse immer besser dastehen als der, der nicht arbeitet.
Zentral sei eine Absenkung der Sozialabgaben auf unter 40 Prozent. Derzeit gingen die Ausgaben rasant nach oben. „Das ist massiver Nettoklau bei den Beschäftigten.“ Sozialabgaben über 40 Prozent kämen einer Strafsteuer auf Arbeit gleich. Viel Potenzial für Einsparungen gebe es durch mehr Digitalisierung und den Einsatz von KI.