Ausflugslokale: Wandern ohne Einkehr? – Fachleute sehen Handlungsbedarf

Thüringen ist Wanderland. Wer wandert, will auch essen. In manchen Regionen hilft nur die Verpflegung aus dem Rucksack, denn das Netz an Ausflugslokalen wird löchriger.

Die Pausenmahlzeit in einem Ausflugslokal wird für Wanderer oder Radler in Thüringen zunehmend zur Glückssache. Nach Einschätzung von Tourismusfachleuten fehlen vielerorts Einkehrmöglichkeiten. 

„Das Angebot an Ausflugslokalen ist in der Fläche dünner geworden, während die Ansprüche der Gäste gestiegen sind“, sagt Antonia Sturm, Geschäftsführerin des Regionalverbunds Thüringer Wald. Während in touristisch stark frequentierten Gebieten wie um Oberhof oder in den Kurorten des Thüringer Walds nach wie vor ein gutes Netz an Einkehrmöglichkeiten bestehe, gebe es abseits dieser Punkte immer mehr Lücken.

Ähnlich bewertet Knut Korschewsky vom Thüringer Gebirgs- und Wanderverein (TGW) die Lage. Zwar sei das Engagement der Wirte meist sehr hoch, und es gebe einige gute neue Ansätze. Unter dem Strich reiche das aber nicht aus, um die Lücken auszugleichen, die durch die Aufgabe von Wirten aus Altersgründen entstünden. Ein gut gefüllter Rucksack sei auf Touren wichtiger denn je. Auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga bestätigt diesen Trend.

Klage über schwierige Rahmenbedingungen

In manchen Gaststätten gebe es mittlerweile Investitionsstaus. Das liege teilweise an den engen finanziellen Spielräumen der Wirte, aber auch an fehlenden langfristigen Perspektiven, sagt Dehoga-Hauptgeschäftsführer Dirk Ellinger. Um Wirte zu Investitionen und junge Menschen zur Übernahme eines Betriebes zu ermutigen, müssten die Rahmenbedingungen deutlich verbessert werden, hieß es übereinstimmend.

Sturm sieht den Staat in der Pflicht. „Viele engagierte Gastgeber scheitern nicht an der Motivation, sondern an Formularen, Auflagen und Genehmigungsverfahren, die für Kleinstunternehmen kaum zu stemmen sind.“ Ein ernsthafter Bürokratieabbau ist aus Sicht der Verbände der wichtigste Schritt. Helfen könnten ein flexibleres Arbeitszeitgesetz und deutlich einfachere Förderbedingungen. Letzteres gelte auch für von Vereinen geführte Hütten.

Dem TGW zufolge sind auch andere Akteure gefordert: „Aktuell gibt es keine App in ausreichender Qualität, die einen einfachen Zugang zu allen Angeboten liefert“, sagt Korschewsky. Social-Media-Angebote und Apps mit Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten, Sehenswürdigkeiten und Schutzhütten seien immer regional begrenzt. Vom Thüringer Wald über die Rhön, den Südharz, das Thüringer Meer bis nach Ostthüringen müssten aber alle Akteure an einem Strang ziehen, damit Thüringen stärker wahrgenommen werde.

Wanderbus und Selbstversorger-Automaten

Positive Beispiele gibt es nach Einschätzung der Fachleute durchaus. Allein entlang des Rennsteigs gibt es der Thüringer Tourismus GmbH zufolge aktuell rund 350 gastronomische Einrichtungen. Eine Bäckerei in Saalfeld beliefere Fahrgäste im „Wanderbus“ am Thüringer Meer mit einer frischen Brotzeit, an immer mehr Orten gebe es Selbstversorger-Automaten für Wanderer. Anstelle der klassischen Restaurants entstünden neue Konzepte wie Hofcafés.

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