Nachgerechnet: Rechnungshof: Schuldenberg wächst trotz Bremse schneller

Sie gucken genau hin und rechnen nach – die Prüfer des Rechnungshofs nehmen die Landesfinanzen unter die Lupe. In stetig wachsenden Schulden sehen sie ein Problem. Was der Sport damit zu tun hat.

Sachsen-Anhalts Schuldenberg ist trotz der seit 2020 geltenden Schuldenbremse stetig gewachsen. Die Verschuldung nehme sogar schneller zu denn je, sagte Landesrechnungshofpräsident Kay Barthel. 

Vor der Einführung der Schuldenbremse seien zwischen 1990 und 2019 durchschnittlich 696 Millionen Euro neue Schulden pro Jahr aufgenommen worden. Von 2020 bis 2026 seien es jährlich im Schnitt 783 Millionen Euro. Somit kämen in diesem Zeitraum rund 4,7 Milliarden Euro Schulden hinzu. Gleichzeitig gebe es Steuer-Rekordeinnahmen. Ende 2026 sitzt das Land voraussichtlich auf rund 25 Milliarden Euro Schulden. 

Barthel wies auf Einzelprüfungen etwa bei der stark defizitär arbeitenden Landessportschule in Osterburg hin sowie auf Versäumnisse im Zusammenhang mit einer Nachverfolgungs-App in der Corona-Zeit. 

Schuldenbremse ist missbrauchsanfällig 

Die Idee der Schuldenbremse ist, den Haushalt ohne Kredite auszugleichen. Künftige Generationen sollen nicht immer stärker belastet werden. Die Schuldenbremse sei allerdings auch löchrig, sagte Rechnungsprüfer Barthel. In Krisenzeiten öffne sie Möglichkeiten, trotzdem Kredite aufzunehmen. „Leider ist das auch missbrauchsanfällig. Das heißt, man kann das auch nutzen, um jenseits dieser Krisen mehr Schulden zu machen, und das erleben wir gerade.“

Die Schulden steigen weiter

Für die kommenden Jahre sei ein Anstieg des Schuldenstandes programmiert. Es gebe eine Unwucht von Einnahmen und Ausgaben, die Schere gehe weiter auseinander etwa durch Tarifabschlüsse und höhere Sozialausgaben. Barthel betonte, an Strukturreformen etwa im öffentlichen Dienst und Einsparungen komme man nicht vorbei. Auch Digitalisierung müsse stärker genutzt werden. 

Zugleich widersprach er der Annahme, die Schuldenbremse sei ein Investitionshemmnis. 2023 seien etwa von Kohle-Strukturmitteln nur zehn Prozent ausgegeben worden. 

„Bei den meisten Investitionstiteln gibt es Ansatzunterschreitungen von 20, 25 Prozent“, sagte Barthel. „Das heißt, wir geben im Moment nicht einmal das Geld, was wir im Haushalt drin haben, für die Investitionen aus. Und da würden uns auch höhere Schulden und riesige Investitionspakete überhaupt nicht helfen.“ Nötig seien schnellere Planungen und weniger Bürokratie.

Einzelprüfung Landessportschule Osterburg

Die Prüfer haben zuletzt einen genauen Blick auf die Landessportschule in Osterburg geworfen, für die das Land allein im vergangenen Jahr Zuschüsse von rund 2,3 Millionen Euro gezahlt hat. Das Defizit ergebe sich aus einer zu geringen Auslastung der Bettenkapazität mit etwa über 50 Prozent. Zum anderen mahnen die Prüfer eine andere Preisgestaltung an, denn die Einnahmen lägen weit unter den tatsächlichen Kosten. 

Bei den Sportangeboten gebe es ebenfalls Problemfälle: Die Schwimmhalle, die rote Zahlen schreibe, stehe Gästen offen und sei bei den Osterburgern sehr beliebt. Die Stadt beteiligte sich aber nicht angemessen an den Betriebskosten, führen die Rechnungsprüfer an.

Luca-App zur Corona-Nachverfolgung war teure Lösung

Nach der Pandemie schaute sich der Rechnungshof auch die Krisenbewältigung genauer an und fand die reichlich teure Lösung der Luca-App zur Kontaktnachverfolgung. Damals habe unter hohem Druck schnell entschieden werden müssen. Das erkenne der Rechnungshof an, betonte Barthel. „Aber auch da kann man nicht Plausibilitätsprüfungen, einfachste Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen über Bord werfen.“ In Mecklenburg-Vorpommern seien damals die ersten Lizenzen angeschafft worden, danach hätten sich die anderen Länder auf die Prüfung verlassen.

Die Prüfung habe – im Nachhinein betrachtet – den Ansprüchen des Rechnungshofs nicht genügt. „Es gab dann tatsächlich für die Million, die wir investiert haben, ganze elf Anfragen im Zusammenhang mit dieser Kontaktnachverfolgung.“ Außerdem sei kurze Zeit später die Bundes-App zur Nachverfolgung den Ländern unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. Sie habe die gleiche Funktionalität geboten. „Es ist nach unserem Dafürhalten ein Beispiel dafür, wie man es beim nächsten Mal nicht machen sollte.“

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