Der Ausbau der Windkraft schreitet bundesweit voran. Niedersachsen liegt dabei weit vorn.
In Niedersachsen sind im ersten Halbjahr fast 70 Prozent mehr Windräder neu in Betrieb gegangen als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt 91 neue Anlagen gingen an Land ans Netz, wie aus einer Auswertung der Fachagentur Wind und Solar hervorgeht. Damit belegt Niedersachsen bundesweit Platz 2 hinter Nordrhein-Westfalen, wo 117 neue Anlagen gezählt wurden. Bundesweit waren es gut 400, von denen fast ein Viertel allein auf Niedersachsen entfiel. Windräder vor der Küste wurden dabei nicht mitgezählt.
Die vom Bundesverband Windenergie und VDMA Power Systems – einem Fachverband für Energieanlagenbau – in Auftrag gegebene Auswertung zeigt insgesamt ein deutliches Nord-Süd-Gefälle: Auf Platz 3 hinter Niedersachsen folgt mit 61 neuen Anlagen Schleswig-Holstein. Den geringsten Zubau gab es in Sachsen, Thüringen, Hessen und Bayern mit jeweils nur sechs bis acht neuen Anlagen. In Hamburg, Bremen, Berlin und dem Saarland gab es den Angaben zufolge gar keinen Zubau im ersten Halbjahr.
Niedersachsen hat die meisten Windräder
Insgesamt bringen die 91 neuen Anlagen in Niedersachsen 502 Megawatt Leistung. Das sind 22,8 Prozent der bundesweit neu hinzugekommenen Kapazität. Gleichzeitig wurden in Niedersachsen 48 alte Anlagen zurückgebaut, wie der Landesverband Erneuerbare Energien mitteilte. Sie waren aber deutlich kleiner und kamen zusammen nur auf 71 Megawatt. Unterm Strich wuchs die Leistung damit deutlich schneller als die Zahl der Anlagen.
Alles zusammengenommen kommt Niedersachsen damit aktuell auf 6.202 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 13,4 Gigawatt. Beim Gesamtbestand liegt das Land damit bundesweit auf Platz 1. Gut ein Fünftel (20,5 Prozent) der bundesweiten Gesamtleistung entfällt auf Niedersachsen. Niedersachsen hat 2024 zum zweiten Mal in Folge mehr Strom aus Wind, Sonne, Biomasse und Wasserkraft erzeugt, als im Land verbraucht wurde.
Nordseeküste mit höchster Windraddichte
Die höchste Windraddichte gibt es dabei nahe der Nordseeküste. Spitzenreiter in Niedersachsen ist der Landkreis Aurich, wo 838 Kilowatt Windkraftleistung pro Quadratkilometer gezählt werden. Bundesweit ist das der fünfthöchste Wert. Deutsche Spitzenreiter sind zwei Landkreise in Schleswig-Holstein: Dithmarschen mit 1.655 Kilowatt pro Quadratkilometer und Nordfriesland mit 1.193.
Auch bei den neu genehmigten Windrädern liegt Niedersachsen weit vorn: Bis Ende Juni wurde hier nach Branchenangaben fast 1,6 Gigawatt neue Windenergieleistung von den Behörden genehmigt. Damit entfällt ein Fünftel aller Genehmigungen bundesweit allein auf Niedersachsen. Mehr waren es nur in Nordrhein-Westfalen.
„Ausbau von Windenergie ist kein Selbstläufer“
Der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen forderte, beim Ausbau nicht nachzulassen. „Wir dürfen uns auf dem aktuellen Erfolg nicht ausruhen“, sagte Geschäftsführerin Silke Weyberg laut Mitteilung. „Der Ausbau von Windenergie ist kein Selbstläufer – er muss durch eine vorausschauende Infrastrukturpolitik begleitet werden.“
Um die im Erneuerbare-Energien-Gesetz formulierten Ausbauziele zu erreichen, sei ein weiterhin hohes Tempo beim Zubau erforderlich, sagte Weyberg weiter. „Damit Niedersachsen weiterhin Vorreiter bleibt, braucht es jetzt die konsequente Umsetzung bestehender Beschlüsse, den Abbau bürokratischer Hürden und ein klares Bekenntnis aller Beteiligten zum Ausbau der Erneuerbaren.“
Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche (CDU) hat unter Verweis auf hohe Kosten einen „Realitätscheck“ der Energiewende angekündigt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien solle besser mit dem Netzausbau synchronisiert werden. Dabei geht es um eine bessere Integration ins Stromnetz. Wegen möglicher Überlastungen des Stromnetzes kommt es derzeit vor, dass Windräder stillstehen, obwohl Wind weht.