Landtag Niedersachsen: Fraktionen zahlen mehr als eine Million Euro an Zulagen

SPD, CDU, Grüne und AfD im Landtag schütten üppige Zulagen an einige ihrer Abgeordneten aus. Eine Fraktion geht dabei einen Sonderweg.

Die vier Fraktionen in Niedersachsens Landtag haben ihren wichtigsten Abgeordneten im vergangenen Jahr insgesamt mehr als eine Million Euro an Zulagen gezahlt. Das geht aus der Rechnungslegung der Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und AfD hervor. Bedacht wurden dabei nicht nur die Fraktionschefs, sondern auch etwa die parlamentarischen Geschäftsführer und weitere Funktionsträger.

Insgesamt wurden rund 1,1 Millionen Euro ausgeschüttet – am meisten bei der SPD (449.000 Euro), gefolgt von der CDU (431.000 Euro). Die AfD, mit 17 Mitgliedern die kleinste Fraktion im Landtag, kommt mit aufsummiert mehr als 208.000 Euro auf die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben, gemessen an der Fraktionsgröße. Einen anderen Weg wählen dagegen die Grünen mit lediglich 36.000 Euro an Vergütungen insgesamt.

Bis zu 18.000 Euro im Monat: Das verdienen die Fraktionschefs

Die Zahlungen erhalten die Abgeordneten zusätzlich zu ihrer Grundentschädigung von knapp 8.550 Euro sowie der Aufwandsentschädigung von fast 1.750 Euro. CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner kommt so etwa auf mehr als 18.000 Euro im Monat, SPD-Fraktionschef Stefan Politze auf mehr als 16.000 Euro, AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann auf mehr als 14.000 Euro und die beiden Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anne Kura und Detlev Schulz-Hendel jeweils noch auf mehr als 11.000 Euro.

Die Vergütungen, die die Fraktionen leisten, sind durch das Abgeordnetengesetz gedeckt. Der Bund der Steuerzahler kritisiert aber, zu viele Politiker erhielten eine Zulage. „Wenn im Schnitt jeder dritte Abgeordnete mit einer besonderen Funktionszulage bedacht wird, geht das einfach zu weit“, sagte Landesvorstand Jan Vermöhlen der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. „Wir halten eine Beschränkung auf die Fraktionsvorsitzenden und parlamentarischen Geschäftsführer für ausreichend.“

Leisten können sich die Fraktionen die Ausgaben, weil sie gesetzlich festgelegte Zuschüsse erhalten: einen Grundbetrag von monatlich 80.766 Euro plus 2.831 Euro für jedes Mitglied bei den Regierungsfraktionen beziehungsweise 3.670 Euro bei den übrigen Fraktionen. Die meisten Zuschüsse erhielt dadurch 2024 die CDU-Fraktion mit fast drei Millionen Euro.

„Kompliziert und umstritten“: Das sagen die Fraktionen

SPD – Stefan Politze, erst im Mai als Nachfolger von Grant Hendrik Tonne gewählt, erklärt, seine Zusatzvergütung sei bereits zu Beginn der Wahlperiode 2022 festgelegt worden und entspreche 70 Prozent der Grundentschädigung für einen Abgeordneten. Auch die Zulagen etwa für Arbeitsgruppensprecher seien verfassungskonform, sofern sie auf herausgehobene Aufgaben beschränkt bleiben.

CDU – Auch die CDU verweist auf die Rechtslage, die in Niedersachsen so bereits seit 1978 bestehe. „Die Fraktionen entscheiden im Rahmen ihrer Fraktionsautonomie eigenständig über ihr Budget und damit auch über die Funktionszulagen.“ Auf die Kritik, es gebe zu viele Empfänger, ging die CDU nicht ein.

Grüne – Als „kompliziert und umstritten“ beschreiben dagegen die Grünen die Rechtslage. „Grundsätzlich gilt: Alle Abgeordneten sind gleich und entsprechend gleich zu behandeln.“ Ausnahmen gebe es nur für besondere Positionen wie die Fraktionschefs und parlamentarischen Geschäftsführer, da diese nicht nur mehr Arbeit, sondern auch mehr politische Verantwortung trügen. Ihren Sonderweg, nur wenige Zulagen zu zahlen, erklären die Grünen so: „Die Einkommensunterschiede im Land sind sowieso zu hoch. Gerade Politik muss die eigenen, nicht gerade niedrigen Bezüge gut begründen können.“

AfD – „Die fünf Mitglieder unseres Vorstandes erhalten Zulagen von jeweils 50 Prozent einer Abgeordnetendiät“, sagt AfD-Fraktionschef Wichmann. Das solle die vermehrten Termine und die gesteigerte Verantwortung ausgleichen. Die Kritik des Steuerzahlerbundes nehme die AfD ernst. „Wir verweisen aber darauf, dass diese Zulagen nicht etwa aus weiteren Steuermitteln, sondern aus den gesetzlich vorgesehenen Fraktionsgeldern gezahlt werden. Ihre Verwendung obliegt ausschließlich den Fraktionen.“

Ermittlungen in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt geht die Staatsanwaltschaft Magdeburg bei mehreren Fraktionen dem Verdacht der Untreue im Zusammenhang mit Zulagen für die Abgeordneten nach. Ermittler untersuchten deswegen gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Anfang des Monats die Fraktionsräume von CDU, SPD und AfD. 

Grundlage für die Ermittlungen war eine Anzeige des Bundes der Steuerzahler, denn in Sachsen-Anhalt sind Zulagen der Fraktionen seit einer Parlamentsreform 2020 nur noch eingeschränkt erlaubt: für den Landtagspräsidenten und seine Stellvertreter, Fraktionsvorsitzende und parlamentarische Geschäftsführer – nicht mehr aber für Vize-Fraktionschefs und die Leiter von Arbeitsgruppen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert