Die Misshandlungsvorwürfe gegen Beamte des Gefängnisses bei Augsburg beschäftigen weiter Anti-Folter-Experten. Die schwäbische Haftanstalt ist für sie ein bundesweites Negativbeispiel.
Vor dem Hintergrund der Misshandlungsvorwürfe gegen Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Augsburg-Gablingen hat die deutsche Anti-Folter-Kommission erneut den bayerischen Strafvollzug kritisiert. Die JVA Gablingen sei „ein Beispiel für ungenutztes Präventionspotential“, heißt es in dem neuesten Jahresbericht der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter. Die Zustände in der schwäbischen JVA werden in dem in Berlin vorgestellten Bericht an etlichen Stellen kritisiert.
Die Kommission bemängelt, dass ihre Empfehlungen vom Freistaat nicht umgesetzt worden seien. „Solche Fälle zeigen, dass vorhandene Präventionsmechanismen nicht die Wirkung entfalten können, die sie haben sollten – insbesondere, wenn empfohlene Maßnahmen nicht ernst genommen werden“, kritisiert die Nationale Stelle. Die Einrichtung überwacht aufgrund eines UN-Übereinkommens gegen Folter seit 2008 in der Bundesrepublik alle Orte, an denen Menschen eingesperrt werden.
Die Augsburger Staatsanwaltschaft ermittelt seit einiger Zeit wegen verschiedener Vorwürfe gegen mehr als ein Dutzend Justizbedienstete aus Gablingen, auch gegen die frühere Anstaltsleiterin und ihre Stellvertreterin. Es geht hauptsächlich darum, ob Gefangene in den Sicherheitshafträumen der JVA vom Personal misshandelt wurden.
Täuschungsverdacht gegen JVA-Mitarbeiter
Die Anti-Folter-Kommission hatte bereits die Zustände in Gablingen heftig kritisiert. Bei einem Kontrollbesuch seien schwerwiegende Versäumnisse festgestellt worden. Die Stelle kritisiert „menschenunwürdige Unterbringung“ in den sogenannten besonders gesicherten Hafträumen. Die Häftlinge seien dort teils tagelang komplett nackt und ohne Tageslicht eingesperrt gewesen. Sie hätten ohne Matratze auf dem Betonboden schlafen müssen. Ähnliche Zustände seien bereits 2022 in der bayerischen JVA Bernau beanstandet worden. In diese Zellen kommen etwa Strafgefangene, die als suizidgefährdet gelten.
Wegen des Besuchs der Kommission im August 2024 in Gablingen steht auch schon länger ein Täuschungsverdacht im Raum. Die Kommission kritisiert, dass sie nicht unverzüglich die Zellen besichtigen konnte, sondern etwa 20 Minuten warten musste. Sie stellt in den Raum, dass Justizvollzugsbeamte die Zeit genutzt haben, um Verstöße gegen Vorschriften zu verschleiern.
Kritik, aber auch Lob für bayerische Justiz
Rainer Dopp, der die für die Bundesländer zuständige Kommission der Nationalen Stelle leitet, sah allerdings auch eine positive Entwicklung in der bayerischen Justiz. Er lobte, dass Justizminister Georg Eisenreich (CSU) ein unabhängiges Gremium eingesetzt hatte, um die Vorgänge in den Sicherheitszellen zu untersuchen und Konsequenzen daraus abzuleiten.
Diese Fachkommission biete „eine gute Grundlage für eine nachhaltige Verbesserung der Situation im Justizvollzug. Es ist nun Aufgabe der zuständigen Behörden, diesen Weg konsequent weiterzugehen“, sagte Dopp.