Natur: Wie kommt die Aufforstung in Hessens Wäldern voran?

Von der Eichensaat bis zur Naturverjüngung: In Hessens Wäldern werden verschiedene Wege genutzt, um die Lücken zu schließen. Ein Waldbesuch mit einem Förster.

Bei einer Fahrt mit Förster Sebastian Gräf durch den Wald in Königstein im Taunus sind die Spuren vom Sterben der Bäume deutlich zu sehen. Immer wieder fällt der Blick auf eine kahle Kuppe, regelmäßig tun sich rechts und links des Weges Lichtungen auf. Aber es sind auch überall junge Bäume zu sehen: Neuer Wald wächst nach, auf ganz unterschiedlichen Wegen. Er soll die Lücken schließen, die wegen Dürre und Schädlingsbefall in den zurückliegenden Jahren entstanden sind. 

Forstamtsleiter Gräf setzt vor allem auf Naturverjüngung. Das bedeutet, junger Wald bildet sich aus den Bäumchen, die auf natürliche Weise keimen und hochwachsen. Allerdings wird der Prozess von den Förstern eng begleitet. Ziel ist ein Mischwald aus etwa einer Handvoll Baumsorten, darunter Laub- und Nadelhölzer, wie der Experte erläutert und auf ein kleines Waldstück deutet. 

Dort ist ohne menschliches Zutun eine bunt gemischte Gruppe herangewachsen, darunter Birken, Fichten, Buchen, Ebereschen und Douglasien. Damit sich auf der Fläche nicht eine Baumsorte komplett durchsetzt und die anderen verdrängt, werden manche Bäume gefördert, andere müssen weichen. Auf einem anderen Areal schauen die Spitzen junger Bäume aus Brombeergestrüpp. Sie wurden gezielt gepflanzt – darunter Eichen, Buchen und Lärchen. In den ersten Jahren werden die Bäumchen noch regelmäßig freigeschnitten, ein hölzerner Verbissschutz hält hungriges Wild ab.

Etwa einen Kilometer weiter, auf einer ehemaligen Weihnachtsbaumplantage, keimen in langen gerade Reihen tausende Traubeneichen. Auf diesem Abschnitt sei die Saat sinnvoll gewesen, erläutert Gräf. Mit einer Maschine wurden die Eicheln in den Boden gebracht, dank der Niederschläge in den zurückliegenden Wochen haben sich die kleinen Bäume gut entwickelt. Auf diesem speziellen Standort mit eher steinigem Boden plant der Revierleiter einen reinen Eichenwald.

Im hessischen Staatswald sind seit 2018 mehr als 22 Millionen Bäume gepflanzt worden, um abgestorbene und geschädigte Flächen aufzuforsten. „Auch in diesem Jahr geht die Wiederbewaldung forciert weiter“, erklärt der Sprecher von Hessen Forst, Moritz Frey. Im laufenden Jahr seien bis Ende Mai auf etwa 500 Hektar mehr als eine Million Bäume gepflanzt worden. „Im Herbst kommen weitere dazu.“

„Bei der Wiederbewaldung kommen insgesamt über 20 Baumarten zum Einsatz, um den Wald der Zukunft breit und damit klimastabil aufzustellen“, erläutert Frey. „Bei der Baumartenwahl berücksichtigen wir Klimawandelprognosen und deren Auswirkungen auf den konkreten Waldstandort.“ Besonders oft ausgewählt werden unter anderem Traubeneiche, Douglasie und Weißtanne sowie verschiedene Edellaubbäume wie Ahorne und Kirschen.

Mit Mischwald eine gute Antwort auf Klimabedingungen haben

Forstamtsleiter Melvin Mika kümmert sich um den Wald in Langen in der Nähe des Frankfurter Flughafens. Auch er setzt bei der Aufforstung größtenteils auf die Naturverjüngung und Pflanzungen, in diesem Jahr wurde eine größere Eichensaat umgesetzt. „Wir versuchen, überall einen Mischwald zu entwickeln, wo er noch nicht existiert, damit wir auf möglichst alle Klimabedingungen, die in der Zukunft herrschen, die passende Antwort haben“, sagt Mika.

Dabei sei die Naturverjüngung ein wichtiges Verfahren. Nachkommen der Bäume, die schon aktuell auf den Standorten wachsen, kommen mutmaßlich besser mit den örtlichen Klimabedingungen zurecht. „Wir fangen jetzt auch an, den Baumartenmix deutlich zu erweitern“, erläutert Mika und nennt Linde, Spitzahorn, Douglasie oder Roteiche. 

„Wald wird Wald bleiben“

Die Aussaat – etwa von Eichen – hat nach den Worten des Försters den Vorteil, dass die Pflanze von Beginn an mit den Bedingungen vor Ort zurechtkommen muss. In den Baumschulen herrschten eher „paradiesische Bedingungen“, da könne die Umpflanzung in den Wald schon mal ein Schock bedeuten. Mika blickt grundsätzlich optimistisch in die Zukunft: „Wald wird Wald bleiben. Er wird sich aber sicherlich vom Erscheinungsbild etwas ändern.“

Hessen-Forst-Sprecher Frey sagt: „Die ausgiebigen Niederschläge des letzten Jahres haben den Schadfortschritt deutlich gebremst.“ Durch die Extrembedingungen der Trockenjahre seit 2018 seien jedoch viele Bäume in einem schlechten Zustand. Hessen Forst erwartet weiterhin Schäden, „vor allem in den Buchenwäldern, aber natürlich auch bei anderen Baumarten“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert